Verfassungsgerichtsbarkeit in Bewegung
Bundesrat für Überprüfung bei Kompetenzkonflikten
In den Entwürfen zur Verfassungsrevision von 1999 war ein Ausbau der Verfassungsgerichtsbarkeit auf Bundesebene vorgesehen, ebenso in den Vorbereitungen der kurz darauf beschlossenen Justizreform. Unser Bundesparlament lehnte aber ab, und so steht unser eidgenössisches Staatswesen unter den rechtsstatlichen Demokratien heute etwas einsam da mit der Unmöglichkeit, Bundesgesetze in einem gerichtlichen Verfahren innerhalb der Schweiz darauf prüfen zu können, ob sie dem fundamentalsten demokratischen Erlass, der Verfassung, entsprechen oder nicht. Das Parlament ist damit einen Weg gegangen, der von der grössten Zahl der Staatsrechtslehrerinnen und Lehrer in der Schweiz abgelehnt wird. Nun teilt der Bundesrat in seiner Botschaft zur Neugestaltung des Finanausgleichs (Bundesblatt 2002/2291) Erstaunliches mit: nicht nur bestehe bereits in erheblichem Masse die Möglichkeit einer gerichtlichen Ueberprüfung von Bundesgesetzen, sondern diese Verfassungsgerichtsbarkeit sei ausdrücklich auf die Einhaltung der verfassungsmässigen Kompetenzen der Kantone hin zu erweitern und festzuschreiben. So erfreulich die Grundtendenz, so bedenklich ist der Vorschlag, in der Verfassung nur die Rechte der Kantone, nicht aber die Menschen- und Grundrechte der Einwohner als Gegenstand bundesgerichtlicher Ueberprüfung festzuschreiben. Im übrigen ist erfreulich, dass der Bundesrat mehr als weite Teile der Lehre und Praxis zur Kenntnis nimmt, wo wir heute praktisch in der Durchsetzung von Grundrechten dem Bundesgesetzgeber gegenüber stehen, vor allem wegen des Eindringens der EMRK und anderer internationaler Menschenrechtsvereinbarungen.Der heutige Rechtszustand wurde etwa in der Festnummer von "recht" zum 60. Geburtstag von Wolfgang Wiegand ("recht" 2000, S.123)ausführlich dargestellt. Von hier wäre auszugehen, um Bundesgericht und Grundrechte der neuen Verfassung wieder in ein adäquates Verhältnis zueinander zu bringen.
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