Fussball

Rafael Brägger
Rafael Brägger
Kai Ludwig
Kai Ludwig

Zitiervorschlag: Rafael Brägger/Kai Ludwig, Fussball, in: Anne Mirjam Schneuwly/Yael Nadja Strub/Mirjam Koller Trunz (Hrsg.), Sportverbandskommentar, https://sportverbandskommentar.ch/X, 1. Aufl., (publiziert am 16. Juli 2025)

Kurzzitat: Brägger/Ludwig, Rz. xx.


Literatur


Brägger Rafael, in: Ehrenzeller Bernhard et al. (Hrsg.), Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 4. Aufl., Zürich/St. Gallen/Genf 2023; Brumann Thomas, Eishockey, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam, Sportverbandskommentar; Hügi Thomas, Sportrecht, Bern 2015; Heinemann Andreas, Unterbindung konkurrierender Sportwettbewerbe durch Verbände als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung / Besprechung von EuGH, C-333/21, 21.12.2023 – European Superleague Company, AJP 2024, 511 ff.; Humbel Claude/Schneuwly Anne Mirjam, Gesellschaftsrechtliche Fragestellungen, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam, Sportverbandskommentar; Linden Erik, Good Governance im Sport, Zürich/St. Gallen 2019; McLin Alex/Oldridge Molly, Gymnastics, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam, Sportverbandskommentar; Pachmann Thilo, Sportverbände und Corporate Governance, Diss. Zürich 2007; Riemer Hans Michael, Berner Kommentar, Die Vereine, 2. Aufl., Bern 2023; Scherrer Urs, in: Kren Kostkiewicz Jolanta et al. (Hrsg.), Orell Füssli Kommentar, Schweizerisches Zivilgesetzbuch, 4. Aufl., Zürich 2021; Scherrer Urs/Brägger Rafael, in: Geiser Thomas/Fountoulakis Christiana (Hrsg.), Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, 7. Aufl., Basel 2022; Scherrer Urs/Muresan Remus/Ludwig Kai, Sportrecht, Eine Begriffserläuterung, 3. Aufl., Zürich 2014; Stancescu Victor, Der Sportklub als Aktiengesellschaft mit nichtwirtschaftlichem oder gemischtem Endzweck, Diss. Zürich 2019; Tanner Brigitte, in: Roberto Vito/Trüeb Hans Rudolf (Hrsg.), CHK Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 4. Aufl., Zürich/Genf 2024; Tonneatti Michael, Ski und Snowboard, in: Schneuwly Anne Mirjam/Strub Yael Nadja/Koller Trunz Mirjam, Sportverbandskommentar; Uebersax Peter/Stohner Nils, Der Fussball in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung seit 1990, Causa Sport 2012, S. 150 ff.

I. Allgemeines zum Sport

A. Einleitung


Fussball – als Kurzform von «Association Football», wie er in Abgrenzung zu anderen Sportarten mit ähnlichem Namen genannt wird (American Football, Australian Rules Football, Gaelic Football etc.) – ist die am weitesten verbreitete, beliebteste und wirtschaftlich stärkste Sportart der Welt. Dem Fussball kommt zudem eine immer stärker werdende politische Bedeutung zu: Ranghohe Politiker finden sich nicht nur regelmässig zu bedeutenden Spielen der Mannschaft «ihres» Landes ein (und sonnen sich gern im Glanz allfälliger Erfolge); die Vergabe von Wettbewerben wie der Weltmeisterschaft oder von Kontinentalwettbewerben ist in vielen Ländern Staatsangelegenheit, und um Fussball-Länderspiele sind auch schon diplomatische Krisen bis hin zu bewaffneten Konflikten ausgebrochen. Kurzum: Der Fussball macht Politik und mit Fussball wird Politik gemacht, oder, wie es die späteren deutschen Weltmeister von 1974 sangen: «König Fussball regiert die Welt».

B. Facts & Figures


Auch in der Schweiz ist der Fussball, trotz hohem Beliebtheitsgrad und weiter Verbreitung namentlich von Wintersportarten wie Ski Alpin (vgl. Tonneatti, Rz. 1) oder Eishockey sowie Traditionssportarten wie Turnen (vgl. McLin/Oldridge, Rz. 1) oder Schiessen, sowohl im Breiten- als auch im Spitzensport sportlich, wirtschaftlich und politisch vorherrschend. Der Schweizerische Fussballverband (SFV) zählt zurzeit 1’336 Klubs als Mitglieder, denen 20’400 Teams mit über 337’000 lizenzierten Spieler*innen angeschlossen sind (SFV Zahlen und Fakten). Das bedeutet sowohl hinsichtlich Anzahl Klubs als auch Anzahl aktiver Spieler*innen einen der Spitzenwerte für die Schweiz, wobei die Tendenz in den letzten Jahren bei den Klubs abnehmend, bei den Spieler*innen dagegen zunehmend ist (2015: 1’473 Klubs, 284’116 Spieler*innen; 2020: 1’429 Klubs, 287’227 Spieler*innen; 2023: 1’355 Klubs, 330’201 Spieler*innen; SFV Zahlen und Fakten). Dazu kommen rund 5’200 lizenzierte Schiedsrichter*innen (SFV Zahlen und Fakten).


Hervorzuheben ist auch, dass der Siegeszug der Sportart Fussball in der Schweiz im internationalen Vergleich schon früh Einzug hielt: So ist der älteste noch bestehende Fussballklub auf dem europäischen Festland der FC St. Gallen (gegründet 1879), dicht gefolgt vom Grasshopper Club Zürich (1886). Der SFV wurde 1895 gegründet (zur Geschichte siehe nachstehend Rz. 9 ff.).


Von Bedeutung sind im Fussball (neben den nationalen Meisterschaften) sowohl die internationalen Nationalmannschafts- als auch die internationalen Klubwettbewerbe: Welt- und Europameisterschaften finden bei den Männern jeweils, abwechselnd in den geraden Jahren, alle vier Jahre statt (Weltmeisterschaften seit 1930, Europameisterschaften seit 1960), bei den Frauen in den ungeraden Jahren (Weltmeisterschaften seit 1991, Europameisterschaften seit 1984). Der wichtigste internationale Klubwettbewerb ist die von der europäischen Fussballkonföderation UEFA organisierte UEFA Champions League, an der die Spitzenteams (Männer und Frauen) der europäischen nationalen Ligen teilnehmen. (Vorläufig) nicht zustande gekommen ist dagegen die «European Super League», mit der sich verschiedene Teams (darunter Real Madrid, Juventus Turin, Manchester City) aus ihren jeweiligen Ligen abgespalten und eine eigene Liga ausserhalb der Organisation der UEFA ausgetragen hätten. Das Projekt, das die Verhinderung von Drittwettbewerben ausserhalb der verbandseigenen Monopolstruktur durch Sportverbände in Frage stellt, beschäftigt mittlerweile gar die Gerichte (EuGH C-333/21 European Superleague Company; dazu Heinemann, S. 511 ff.).


Der Schweizer Fussball bewegt sich leistungsmässig sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen seit Jahren auf einem – gemessen an der Grösse des Landes und der Anzahl Spieler*innen – überdurchschnittlich hohen Niveau: Die Männer qualifizierten sich für die letzten fünf Austragungen der Weltmeisterschaft (2006, 2010, 2014, 2018, 2022) und für die letzten drei Austragungen der Europameisterschaft (2016, 2020/21, 2024), die Frauen für die Weltmeisterschaften 2015 und 2023 sowie für die Europameisterschaften 2017, 2021/22 und 2025 (Gastgeber). Dabei gelang beiden Teams auch mehrfach der Vorstoss in die KO-Phase.


Die Schweiz war Ausrichterin der Weltmeisterschaft der Männer 1954, der Europameisterschaft der Männer 2008 (zusammen mit dem Österreichischen Fussball-Bund ÖFB; dazu SG-Komm.-Brägger, Art. 68 BV N 31) und – aktuell – der Europameisterschaft der Frauen 2025. Über Absichten, sich in näherer Zukunft um die Ausrichtung weiterer Turniere zu bewerben, ist gegenwärtig nichts bekannt.

C. Besonderheiten in der Organisation


Oberster Schirmherr des organisierten Fussballsports in der Schweiz ist der SFV. Der SFV ist Mitglied der (später gegründeten) Fédération Internationale de Football Association FIFA (1904) und der Union des Associations Européennes de Football UEFA (1954; Art. 4 Abs. 1 SFV-Statuten). Der Verband fügt sich somit nahtlos in die klassische Pyramidenstruktur des (europäischen) Sportmodells ein (dazu Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 92, S. 117, S. 125; Humbel/Schneuwly, Rz. 8 und Rz. 21; Pachmann, S. 22). Dadurch qualifiziert der SFV zugleich als Monopolverband für den Fussballsport in der Schweiz (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 231; Hügi, S. 64; Pachmann, S. 26 f.; zu den Rechtsfolgen der Qualifikation als Monopolverband BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 70 N 29, N 38 und Art. 72 N 12). Die FIFA wiederum ist vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt und Fussball ist seit 1900 olympisch. Der SFV ist ausserdem Mitglied des nationalen Sportdachverbands Swiss Olympic Association (Art. 4 Abs. 1 SFV-Statuten). Zu der für die Organisation des Fussballs auf nationaler Ebene charakteristischen Drei-Säulen-Struktur siehe nachstehend Rz. 13 ff.


Charakteristisch für die Organisation des Fussballs namentlich auf europäischer Ebene ist, dass auch Player ausserhalb der klassischen Verbandsstruktur Einfluss auf die Sportpolitik und die Organisation der Wettbewerbe nehmen. Zu diesen gehören die Vereinigung der europäischen Klubs (European Club Association, ECA), die Vereinigung der europäischen Ligen (European Leagues, EL; früher EPFL) oder die Vereinigung der Profispieler (international: FIFPro; national: Swiss Association of Football Players, SAFP). So kommt der ECA und der EL beispielsweise in der UEFA eine institutionalisierte Stellung zu, indem sie in das (einflussreiche) UEFA-Exekutivkomitee Einsitz nehmen (Art. 21 Abs. 1 lit. c UEFA-Statuten).

II. Organisation des Verbandes

A. Geschichte


Der SFV (Schweizerischer Fussballverband, Association Suisse de Football, Associazione Svizzera di Football, Swiss Football Association) wurde 1895 im Bahnhofbuffet Olten gegründet. Gründungsmitglieder waren, aufgrund der «Rezeption» des Fussballs über Lehrer und Schüler aus englischen Privatschulen in Lausanne und Genf, überwiegend Klubs aus der französischsprachigen Schweiz (SFV Geschichte). Der SFV ist eines von sieben Gründungsmitgliedern der FIFA (1904). Das erste offizielle Länderspiel bestritt eine Männer-Auswahl des SFV im Folgejahr (1905) gegen Frankreich (Frauen: 1972 ebenfalls gegen Frankreich).


1933 erfolgte die Gründung der National-Liga des SFV, welche auf die Saison 2003/04 hin in Swiss Football League (SFL) umbenannt wurde. Die National-Liga organisierte die National-Ligen A und B (heutige Super League und Challenge League, jeweils verbunden mit einem Namen- resp. Titelsponsor). Die Anzahl Mannschaften in den beiden obersten Ligen variiert regelmässig und beträgt derzeit, seit der jüngsten Aufstockung auf die Saison 2023/24, 12 (Super League) resp. 10 Mannschaften (Challenge League). Seit der Saison 2006/07 müssen alle Super League-Klubs als Aktiengesellschaften i.S.v. Art. 620 ff. OR organisiert sein (Art. 8 Abs. 5 SFV-Statuten, Art. 12 Abs. 1 SFL-Statuten; dazu Stancescu, S. 36, S. 45). Hintergrund dieser Vorgabe ist, dass der Verein – anders als die Aktiengesellschaft – von Gesetzes wegen keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgen darf (Art. 60 Abs. 1 ZGB) und die Aktivitäten von Profifussballklubs klar auf die Erzielung von Gewinn gerichtet sind. Zudem sollen dadurch Finanzierung und Beteiligung erleichtert, die Haftungsverhältnisse geklärt sowie verbindliche Buchführungs- und Revisionspflichten umgesetzt werden (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 270 f.; Hügi, S. 93 f.).

B. Name, Sitz und Zweck


Rechtliche Grundlage des organisierten Fussballs in der Schweiz bilden die Statuten des SFV. Der SFV ist ein Verein nach Art. 60 ff. ZGB mit Sitz (vgl. Art. 56 ZGB) in Muri bei Bern (Art. 1 SFV-Statuten). Sein Zweck besteht gemäss Art. 2 SFV-Statuten in der Förderung, Regelung und Kontrolle des Fussballs in der Schweiz, wobei Fairplay und die erzieherische, kulturelle und integrative Kraft des Fussballs besonders berücksichtigt werden sollen; der körperlichen Betätigung der Schweizer Bevölkerung, insbesondere der Jugend; der Wahrung der Gesamtinteressen seiner Mitglieder; dem Ausgleich der Interessen und der Schlichtung von Differenzen unter seinen Mitgliedern; der Organisation und Durchführung von nationalen Wettbewerben in Zusammenarbeit mit den Abteilungen und Regionalverbänden; und der Pflege nationaler und internationaler Beziehungen im Zusammenhang mit dem organisierten Sport, insbesondere des Fussballs, in all seinen Formen. Es handelt sich dabei um eine klassische «nicht wirtschaftliche Aufgabe» i.S.v. Art. 60 Abs. 1 ZGB (dazu BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 60 N 1 ff.), für die die Vereinsform (selbstverständlich) zulässig ist.


Den nicht wirtschaftlichen Zweck nicht ausschliessend (vgl. Art. 61 ZGB), ist der SFV seit dem 12. März 2012 im Handelsregister eingetragen, mit den entsprechenden Rechtsfolgen (vgl. BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 61 N 2 ff.; Humbel/Schneuwly, Rz. 36–39).

C. Gliederung in Abteilungen


Der SFV ist in drei sog. Abteilungen gegliedert (Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 SFV-Statuten; Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 SFL-Statuten; Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 EL-Statuten; Art. 1 Abs. 1 AL-Statuten): die Swiss Football League (SFL), die Erste Liga (EL) und die Amateur Liga (AL). SFL, EL und AL sind allesamt eigenständige Vereine mit eigener Rechtspersönlichkeit (s. zum Vergleich den Deutschen Fussball-Bund DFB, bei dem nicht die Klubs, sondern die 5 Regional- und die 21 Landesverbände einerseits sowie die DFL Deutsche Fussball-Liga andererseits Mitglieder des nationalen Verbandes sind [§ 7 DFB-Satzung], sowie den ÖFB, bei dem nur die 9 Landesverbände (1 je Bundesland) und die Bundesliga ordentliche Mitglieder sind [§ 4 Abs. 2 ÖFB-Satzungen]). Es handelt sich bei SFL, EL und AL also um (selbständige) Sektionen des SFV (BK-Riemer, Systematischer Teil, N 508 ff.; OFK ZGB-Scherrer, Art. 64 N 4 f.), wobei eine sog. Doppelmitgliedschaft der Klubs vorliegt (die Klubs sind zugleich Mitglied im Zentralverband und in der Sektion; BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 64 N 10, N 15a und Art. 70 N 35; BK-Riemer, Systematischer Teil, N 526). Diese auch als Dreikammersystem bekannte Struktur (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 111 f.) ist historisch bedingt und gewachsen.


Als einzige der drei Abteilungen ist die AL weiter unterteilt, und zwar in 13 Regional- und innerhalb dieser in zahlreiche Teilverbände (vgl. Art. 17 Abs. 4 SFV-Statuten; Art. 30 AL-Statuten). Der SFV steht als Dachorganisation über den drei Abteilungen. Die Klubs der SFL bilden den Nichtamateurbereich, die Klubs der EL und der AL grundsätzlich den Amateurbereich, wobei bei vielen Klubs der EL zumindest von Semiprofessionalität auszugehen ist (was namentlich im Rahmen der finanziellen Unterstützung des Bundes während der Covid-19-Pandemie von Bedeutung war; dazu SG-Komm.-Brägger, Art. 68 BV N 32) und Profispieler in deren Ligen teilweise eingesetzt werden dürfen.


Die drei Abteilungen teilen die Delegiertenstimmen in der Delegiertenversammlung (DV) des SFV auf sich auf. Aus der gegenwärtigen Aufteilung (101 Stimmen, davon 28 SFL, 26 EL, 47 AL; Art. 25 Abs. 2 SFV-Statuten) resultiert dabei ein klares Übergewicht zu Gunsten der AL. Da es für eine Änderung dieser Kräfteverteilung die Zustimmung der AL bräuchte (für eine Änderung der SFV-Statuten ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen gültigen Delegiertenstimmen [76] erforderlich, Art. 32 Abs. 5 SFV-Statuten; d.h. auch sämtliche Stimmen von lediglich zwei der drei Abteilungen reichen in keinem Fall aus, um die SFV-Statuten zu ändern – Statutenänderungen müssen vielmehr von Klubs aus allen drei Abteilungen mitgetragen werden), ist es wenig wahrscheinlich, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändern wird (petrifizierender oder Lock-up-Effekt; zum Begriff siehe CHK OR-Tanner, Art. 704 N 24).


Mitglieder der Swiss Football League (SFL) sind diejenigen Klubs, die mit ihrer ersten Männer-Mannschaft (für diese Einteilung wird einzig auf die erste Männer-Mannschaft abgestellt; die Ligazugehörigkeit der ersten Frauen-Mannschaft wird nicht berücksichtigt) an den von der SFL organisierten Meisterschaften teilnehmen (12 Klubs in der Super League und 10 Klubs in der Challenge League; Art. 9 SFL-Statuten). Die Super-League-Klubs müssen als Aktiengesellschaft nach Art. 620 ff. OR organisiert sein; für die Challenge-League-Klubs steht neben der AG alternativ auch die Rechtsform des Vereins offen (Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2 SFL-Statuten). Die GmbH (Art. 772 ff. OR) ist dagegen nicht vorgesehen. Anders als der SFV ist die SFL nicht im Handelsregister eingetragen, was angesichts von Art. 61 Abs. 2 ZGB (i.V.m. Art. 69b ZGB) fragwürdig erscheint.


In organisatorischer Hinsicht besteht in der SFL die Besonderheit, dass in der Generalversammlung der SFL (Art. 20 lit. a und Art. 26–39 SFL-Statuten) jedem Klub der Super League 1 Stimme und jedem Klub der Challenge League 1.2 Stimmen zukommen (Art. 26 Abs. 4 SFL-Statuten); dies deshalb, damit die Super League-Klubs die Challenge League-Klubs aufgrund ihrer grösseren Anzahl nicht einfach überstimmen können. Diese Abweichung vom Kopfstimmprinzip (Art. 67 Abs. 1 ZGB) ist zulässig (BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 67 N 4). Im Komitee (Art. 20 lit. b und Art. 40–45 SFL-Statuten) müssen sodann von den 9 Komiteemitgliedern mindestens 2 aus der französisch- oder der italienischsprachigen Schweiz und mindestens 2 von Klubs aus der Challenge League stammen (Personalunion ist möglich). Mindestens ein Mitglied muss unabhängig sein, d.h. darf keine Funktion in einem Klub haben.


Für den Präsidenten und für die Mitglieder des Komitees gilt eine Amtszeitbeschränkung auf 10 aufeinanderfolgende Jahre (Art. 23 Abs. 2 SFL-Statuten). Damit bleibt offen, ob eine Wiederwahl nach einem Unterbruch möglich ist (z.B. zweite zehn Jahre dauernde Amtszeit nach einem ein- oder mehrjährigen Unterbruch), dürfte aber wohl kaum gewollt sein (und wäre auch nicht adäquat).


Mitglieder der Ersten Liga (EL) sind diejenigen Klubs, die mit ihrer ersten Männer-Mannschaft (die erste Frauen-Mannschaft ist auch hier nicht massgeblich) den Wettspielbetrieb der Ersten Liga bestreiten (Art. 5 EL-Statuten). Gewisse Rechte stehen darüber hinaus auch den Klubs der SFL zu, die mit ihrer Nachwuchsmannschaft an der Meisterschaft der EL teilnehmen (Art. 8 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 EL-Statuten). Auch im Komitee der EL existiert eine Amtszeitbeschränkung auf maximal 12 Jahre (Art. 16–17 EL-Statuten).


Die Amateur Liga (AL) umfasst alle Klubs des SFV, deren erste (Männer-) Mannschaften weder in der SFL noch in der EL spielen (negative Abgrenzung; Art. 1 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 AL-Statuten). Im Komitee der AL existiert anders als in der SFL und in der EL keine Amtszeitbeschränkung (Art. 26–29 AL-Statuten).

D. Mitgliedschaft


Ordentliche Mitglieder des SFV (Art. 8 Abs. 1 SFV-Statuten) sind die (grundsätzlich schweizerischen, mit Ausnahme gewisser Klubs in grenznahen Gebieten) Fussball-Klubs. Die Klubs sind immer gleichzeitig auch Mitglied einer Abteilung des SFV (SFL, EL, AL). Die Zugehörigkeit eines Klubs zu einer Abteilung bestimmt sich dabei danach, in welcher Meisterschaft das erste Männer-Team teilnimmt (Art. 18 Abs. 1 SFV-Statuten). Ausserordentliche Mitglieder des SFV (Art. 9 Abs. 1 SFV-Statuten) sind demgegenüber stimmrechtslose Mitglieder, die den Zweck des SFV mit einem jährlichen Mitgliederbeitrag fördern. Daneben gibt es Ehrenmitglieder und -präsidenten (Art. 10 SFV-Statuten). Vgl. zur Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft auch Art. 11–14 SFV-Statuten sowie die Ausführungsbestimmungen zu den Statuten des SFV.

E. Organisation des SFV

1. Übersicht


Der SFV als Verein resp. Verband handelt durch seine Organe (Art. 54 f. ZGB). Die wichtigsten Organe des SFV sind gemäss Art. 20 SFV-Statuten (zur Zulässigkeit der Einsetzung weiterer [sog. fakultativer] Organe im Verein neben den gesetzlichen s. BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 64 N 6):

2. Delegiertenversammlung


Die Delegiertenversammlung (DV) ist die Vereinsversammlung des SFV i.S.v. Art. 64 ff. ZGB (zur Zulässigkeit des Ersatzes der Vereinsversammlung durch eine Delegiertenversammlung BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 64 N 29 f.) und das oberste Organ des SFV (Art. 25 Abs. 1 SFV-Statuten; Art. 64 Abs. 1 ZGB). Sie besteht aus den Delegierten der ordentlichen Mitglieder des SFV, wobei die Bezeichnung (Wahl) der Delegierten durch die Abteilungen geregelt wird (Art. 25 Abs. 3 SFV-Statuten). Die Verteilung der Anzahl Delegierte auf die drei Abteilungen lautet wie folgt (Art. 25 Abs. 2 SFV-Statuten): 28 Delegierte der SFL, 26 Delegierte der EL und 47 Delegierte der AL (total 101 Delegierte). Jeder Delegierte hat eine Stimme (Art. 25 Abs. 5 SFV-Statuten).


In die Zuständigkeit der DV fallen diejenigen Geschäfte, die klassischerweise (s.a. Art. 65 ZGB) in die Zuständigkeit der Vereinsversammlung fallen: So ist die DV nebst für Wahlen anderer Organe (dazu sogleich) u.a. zuständig für die Prüfung und Genehmigung der Berichte der anderen Organe (Art. 22 SFV-Statuten), Änderungen der Statuten (Art. 26 lit. d SFV-Statuten) sowie die Aufnahme und den Ausschluss von (ordentlichen) Mitgliedern (Art. 26 lit. g und lit. h SFV-Statuten).


Die ordentliche DV findet jährlich statt (Art. 27 Abs. 1 SFV-Statuten; bis vor Kurzem fand die DV des SFV dagegen nur alle zwei Jahre statt). Ausserordentliche DV können vom Zentralvorstand (ZV) einberufen oder von einem Fünftel der ordentlichen Mitglieder verlangt werden (Art. 28 SFV-Statuten; Art. 64 Abs. 3 ZGB). Anders als für den ZV (Art. 39 Abs. 2 SFV-Statuten; mindestens 5 Mitglieder anwesend; vgl. auch Art. 44 Abs. 1 SFL-Statuten für die Beschlussfähigkeit des SFL-Komitees: mindestens 5 Mitglieder anwesend) ist für die DV kein Beschlussfähigkeitsquorum vorgesehen (Art. 29 SFV-Statuten; ebenso Art. 30 SFL-Statuten: «unabhängig von der Anzahl der anwesenden Delegierten beschlussfähig»; vgl. demgegenüber Art. 29 Abs. 3 FIFA-Statuten: Anwesenheit der absoluten Mehrheit der stimmberechtigten Mitgliedsverbände für Änderung der Statuten nötig; § 28 Abs. 1 DFB-Satzung; § 9 Abs. 8 ÖFB-Satzung).

3. Zentralvorstand


Der Zentralvorstand (ZV) ist der Vorstand des SFV i.S.v. Art. 69 f. ZGB. Er besteht aus 9 Mitgliedern: dem Zentralpräsidenten, den Präsidenten der drei Abteilungen des SFV, je einem weiteren Mitglied jeder Abteilung des SFV (sog. «freie Mitglieder»; Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 SFV-Statuten) sowie zwei unabhängigen Mitgliedern.


Der ZV ist u.a. zuständig für die Wahlen der Mitglieder der ständigen Kommissionen, die Ernennung des Generalsekretärs, des Direktors Männer-Nationalteams und des Coachs des Männer-A-Nationalteams (zum Frauen-Nationalteam hinten Rz. 40 ff.), für die Aufsicht über die Buchführung und Rechnungslegung und die Genehmigung des Budgets sowie für die Vergabe von zentralen Medien- und Vermarktungsrechten (Art. 37 Abs. 3 SFV-Statuten; s.a. Art. 67 Abs. 4 SFV-Statuten). Der Zentralvorstand vertritt den SFV nach aussen und verfügt über eine allgemeine Aufsichtskompetenz (Art. 37 Abs. 1 und Abs. 2 SFV-Statuten). Dem ZV kommt zudem, in Abweichung von Art. 65 Abs. 1 ZGB, wie es aber in vielen Vereinen und Verbänden üblich ist, die allgemeine Auffangkompetenz zu (Art. 37 Abs. 1 und Art. 90 SFV-Statuten).


Die Amtsdauer der Mitglieder des ZV beträgt vier Jahre (Art. 24 Abs. 1 SFV-Statuten) und ist auf drei Amtsperioden beschränkt (vgl. auch Art. 33 Abs. 2 und Abs. 3 FIFA-Statuten für den FIFA-Präsidenten und die Mitglieder des FIFA-Rats [FIFA Council]). Eine kleine, aber bedeutende Ausnahme betrifft die Abteilungspräsidenten, welche dem ZV so lange ex officio angehören, als sie ihr Amt als Abteilungspräsident ausüben (Art. 24 Abs. 4 SFV-Statuten). Mit der Einführung von Amtszeitbeschränkungen (in Kraft seit 1. Juli 2024) setzt der SFV nun ein zentrales Postulat der Corporate Governance (Pachmann, S. 101, S. 288 und S. 379; Linden, S. 30) um. Die SFL kennt eine Amtszeitbeschränkung für ihren Präsidenten demgegenüber schon länger (Art. 23 Abs. 2 SFL-Statuten: maximal 10 aufeinanderfolgende Jahre). Ebenso gibt es seit 1. Juli 2025 ein Höchstalter bei Beginn einer Amtszeit, das 70 Jahre beträgt (Art. 24 Abs. 3 SFV-Statuten; vgl. auch § 19 Abs. 8 DFB-Satzung: Wahl für ein Amt nur bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres möglich). Auch von dieser Regelung sind die Abteilungspräsidenten ausgenommen (Art. 24 Abs. 4 SFV-Statuten).


Der Zentralpräsident steht dem ZV vor. Er wird von der DV des SFV gewählt (Art. 26 lit. c und Art. 35 Abs. 2 SFV-Statuten). Die Präsidenten der drei Abteilungen sind Vizepräsidenten des SFV und werden von den jeweiligen Abteilungen gewählt, in der SFL beispielsweise von der SFL-Generalversammlung (Art. 29 lit. g SFL-Statuten). Sie sind ex officio Mitglieder des ZV (Art. 24 Abs. 2 und Art. 35 Abs. 3 SFV-Statuten). Die drei sog. «freien Mitglieder» des ZV (Mitglieder, die von den jeweiligen Abteilungen des SFV frei bestimmt werden können, also nicht mit einer Funktion verbunden sind) werden ebenfalls von der DV des SFV gewählt, jedoch von den Abteilungen vorgeschlagen (Art. 26 lit. c, Art. 35 Abs. 2 SFV-Statuten). Das «freie Mitglied» der SFL beispielsweise wird der DV vom SFL-Komitee vorgeschlagen (Art. 41 Abs. 1 lit. e SFL-Statuten).


Seit 1. Juli 2024 gibt es neu zusätzlich zwei unabhängige Mitglieder des ZV (Art. 24 Abs. 3 und Art. 35 SFV-Statuten). Die unabhängigen Mitglieder dürfen in keiner Verbindung zu einer Abteilung oder einem Klub des SFV stehen, also beispielsweise nicht Funktionär, Angestellter oder Mitglied eines Klubs sein. Sie werden von der DV gewählt. Die Wahl unabhängiger Mitglieder in das oberste Organ einer Gesellschaft ist ein zentrales Postulat der Corporate Governance; mit ihr sollen «Betriebsblindheit» und persönliche Abhängigkeiten verhindert werden (s. Economiesuisse, Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance 2023, Ziff. 15). Was hingegen fehlt, ist eine Regelung, wie diese unabhängigen Mitglieder des ZV gefunden werden; es wurde beispielsweise kein Nominierungsausschuss (Nomination Committee; s. Economiesuisse, Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance 2023, Ziff. 25) eingerichtet.


Art. 36 SFV-Statuten enthält sodann Wahleignungs- und Amtsausübungskriterien (Eligibility Criteria), die an die entsprechenden Regelungen der FIFA im FIFA-Governance-Reglement (FGR) angelehnt sind. Vgl. dazu beispielsweise auch § 19 Abs. 5 DFB-Satzung: nur Personen sind wählbar, die Mitglieder von Vereinen der Mitgliedsverbände sind und weder in Mitgliedsverbänden noch deren Vereinen eine hauptamtliche berufliche Tätigkeit ausüben.

4. Würdigung

a. Organisation im Allgemeinen

Abschaffung Verbandsrat: Mit der Abschaffung des Verbandsrats im Jahr 2022 hat der SFV einen wichtigen Schritt in Richtung Verbesserung seiner Corporate Governance gemacht. Die demokratische Legitimierung des Verbandsrats auf Ebene SFV war schwach (Wahl der Mitglieder durch die Abteilungen, einige davon gar durch die Exekutive der Abteilungen). Zudem zementierte der Verbandsrat die Mehrheits- und Machtverhältnisse des ZV (im Sinne eines «erweiterten ZV» oder «ZV im Quadrat») und war die Abgrenzung zu den Zuständigkeiten «nach oben» (zur DV) und «nach unten» (zum ZV) nicht immer klar. Dieses Defizit wurde behoben.


Unabhängige Mitglieder im ZV: Bei dem Umstand, dass dem Exekutivorgan einer Organisation (namentlich einer solchen von der Bedeutung und Grösse des SFV) auch eine bestimmte Anzahl unabhängiger Mitglieder angehört, handelt es sich um ein grundlegendes Postulat einer guten Corporate Governance (Economiesuisse, Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance 2023, Ziff. 15; Pachmann, S. 288; Linden, S. 30). Auch auf Ebene ZV wird dadurch zugleich die demokratische Legitimierung auf Stufe SFV gestärkt, werden doch neu 6 von 9 Mitgliedern von der DV des SFV gewählt (Präsident*in, drei freie Mitglieder der Abteilungen, zwei unabhängige Mitglieder) und nur noch 3 von den Abteilungen (der jeweilige Abteilungspräsident ex officio). Anzumerken ist jedoch, dass auch weiterhin nur bezüglich 3 ZV-Mitgliedern (Zentralpräsident und 2 unabhängige Mitglieder) eine «echte» Wahl durch die DV stattfinden wird. Die 3 «freien Mitglieder» des ZV werden wie bis anhin von den Abteilungen vorgeschlagen und von der DV des SFV damit faktisch lediglich bestätigt. Damit handelt es sich in der Realität nicht um «freie», sondern vielmehr um abhängige Mitglieder des ZV. Dadurch besteht die Tendenz und Gefahr, dass diese Mitglieder (bewusst oder unbewusst) nicht primär im Interesse des SFV als Gesamtverband, sondern ihrer jeweiligen Abteilung handeln. Dasselbe gilt für die Abteilungspräsident*innen als ex officio-Vizepräsident*innen des SFV. Damit sind de facto auch weiterhin 6 von 9 Mitgliedern des ZV nicht Vertreter*innen des Gesamtverbands, sondern einer Abteilung.


Fehlende Vertretung anderer Stakeholder: Dem SFV fehlt es weiterhin an einer institutionalisierten Einbindung von Vertretern anderer Fussball-Stakeholder (s.a. die Definition Nr. 18 von Stakeholder bzw. Interessengruppe der FIFA-Statuten: eine Person, Gesellschaft oder Organisation, die kein Mitgliedsverband und/oder kein FIFA-Organ ist, aber an den Tätigkeiten der FIFA ein Interesse hat, das die Handlungen, Ziele und Strategien der FIFA beeinflussen oder selbst davon beeinflusst werden kann, insbesondere Klubs, Spieler, Trainer und Profiligen), wie dies beispielsweise bei der UEFA mit Vertretern der Klubs der Fall ist (siehe vorstehend Rz. 8; die Interessen der Ligen werden auf Ebene ZV demgegenüber bereits heute – sogar sehr stark – vertreten). Auch die Ansprüche von Fans, Spieler*innen, Sponsoren, Medien, Rechteverwertern, Schiedsrichter*innen und Trainer*innen sind nicht vertreten.


Trennung strategische und operative Ebene: Laut Statuten erledigt das Generalsekretariat die laufenden bzw. operativen Geschäfte des SFV (Art. 55 Abs. 1 und Abs. 1 lit. c SFV-Statuten). Damit ist im SFV eine Trennung zwischen der strategischen Ebene der Geschäftsführung, die dem ZV obliegt (Art. 37 SFV-Statuten), und der operativen Ebene der Geschäftsführung (Generalsekretariat) grundsätzlich verwirklicht. Auch damit setzt der SFV eine Forderung aus der Corporate Governance-Diskussion um (Pachmann, S. 287; Linden, S. 30; vgl. auch Ziff. 9 Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance 2023). An der bestehenden Regelung ist jedoch zu bemängeln, dass dem Generalsekretariat keine formelle Organstellung zukommt (siehe Art. 20 SFV-Statuten; vgl. demgegenüber Art. 24 Abs. 3 FIFA-Statuten: «Das Generalsekretariat ist das exekutive, operative und administrative Organ.»). Die Trennung zwischen strategischer und operativer Geschäftsführung auf Organebene ist damit noch nicht vollständig verwirklicht und die bestehende Regelung nicht ausreichend transparent, dürfte dem SFV-Generalsekretariat doch durchaus materielle oder faktische Organstellung zukommen.


Vergütungen: Nicht geregelt ist auch die Offenlegung der Vergütungen an den Zentralpräsident*in, die Mitglieder des ZV etc. (vgl. demgegenüber z.B. Art. 43 Abs. 13 FIFA-Statuten: «Die einzelnen Vergütungen des FIFA-Präsidenten, der Ratsmitglieder und des FIFA-Generalsekretärs werden veröffentlicht.»). Dasselbe gilt für die Festsetzung der Vergütungen an diese Personen durch ein unabhängiges Organ (Vergütungsausschuss/Compensation Committee; vgl. Ziff. 24 und Ziff. 35–42 Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance 2023; Art. 43 Abs. 13 FIFA-Statuten. Gegenbeispiel: Art. 41 Abs. 1 lit. q SFL-Statuten: Das Komitee legt die Entschädigungen für die Mitglieder des Komitees fest, wobei die Festlegung der eigenen Vergütung Governance-mässig ein No-Go ist.).


Revisionsstelle: Die gesetzliche Revisionsstelle (Art. 69b ZGB) ist nur rudimentär und für die Grösse des Verbands nicht angemessen geregelt (Art. 46 SFV-Statuten). Auch ein Art. 730a Abs. 2 OR entsprechendes Korrektiv (Austausch des mandatsleitenden Revisors alle sieben Jahre/Cooling-off Period) fehlt. Es wäre im Minimum eine Anpassung i.S.v. Art. 46 und Art. 47 SFL-Statuten vorzunehmen.

b. Delegiertenversammlung im Besonderen

Art. 28 Abs. 1 SFV-Statuten sieht – in Übereinstimmung mit Art. 64 Abs. 3 ZGB – vor, dass ein Fünftel (20%) der ordentlichen Mitglieder die Einberufung einer ausserordentlichen DV verlangen kann. Bei der gegenwärtigen Mitgliederzahl des SFV bedürfte ein entsprechender Antrag somit der Unterstützung von 270 Mitgliedern, was eine (zu) hohe Hürde darstellt. Eine Senkung dieser Schwelle beispielsweise auf maximal 10% der Mitglieder wäre gerechtfertigt und gesetzlich selbstverständlich ohne weiteres zulässig.


Systemwidrig erscheint auch, dass dem Zentralpräsidenten der Stichentscheid in der DV zukommt (Art. 31 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 Abs. 2 SFV-Statuten), obwohl er nicht ordentliches Mitglied des SFV und damit in der DV grundsätzlich nicht stimmberechtigt ist (Art. 8 f. und Art. 25 SFV-Statuten). Dieser Stichentscheid ist aus demokratischer Sicht (die Hälfte der Mitglieder wird durch eine Person, die nicht einmal Mitglied ist, überstimmt) nicht haltbar.

c. Ungenügende Vertretung der Frauen

Die FIFA-Statuten schreiben vor, dass die Statuten der Mitgliedsverbände (wie jene des SFV) die Grundsätze von Good Governance einhalten und insbesondere mindestens Bestimmungen u.a. zum Verbot jeder Form von Diskriminierung enthalten müssen (Art. 15 lit. b FIFA-Statuten). Zudem müssen die legislativen Organe der Mitgliedsverbände (wie z.B. der ZV des SFV, welcher Reglemente erlässt; Art. 37 Abs. 3 lit. c und lit. d SFV-Statuten) unter Berücksichtigung des Gebots der Gleichstellung von Frau und Mann im Fussball konstituiert werden (Art. 15 lit. j FIFA-Statuten).


Bis heute (und obwohl der SFV die Europameisterschaften 2025 der Frauen ausrichtet) fehlt im SFV jedoch eine institutionalisierte Vertretung der Frauen. Ihnen kommt auch – anders als beispielsweise in den obersten Leitungsorganen der FIFA (Art. 33 Abs. 5 FIFA-Statuten: mindestens 6 weibliche Mitglieder, zurzeit 8) und der UEFA (Art. 21 Abs. 1 lit. b UEFA-Statuten: mindestens 1 weibliches Mitglied, zurzeit 2) – kein fester Einsitz im ZV zu. Dasselbe gilt für die Komitees der drei Abteilungen. Aus heutiger Sicht ist das nicht nachvollziehbar.


Gemäss Art. 18 Abs. 2 SFV-Statuten sind Klubs, die nur Frauen-Teams stellen, Mitglied der AL, auch wenn diese Teams in den obersten Spielklassen spielen. Die Belange des Frauenfussballs sind im Wesentlichen Aufgabe der Direktion Frauenfussball des SFV (Art. 58 f. SFV-Statuten), welcher aber keine formelle Organstellung zukommt. Der ZV setzt sich wie erwähnt ganz überwiegend aus Vertretern der Abteilungen zusammen. Eine Vertretung der Frauen bzw. des Frauenfussballs im ZV ist damit statutarisch nicht sichergestellt. Da in der SFL und der EL ausschliesslich Männerteams antreten, führt die bestehende Regelung in den SFV-Statuten dazu, dass Frauen systematisch keinen Zugang zu 4 von 9 Sitzen im ZV (je 2 von SFL und EL) haben bzw. Frauen in diesem Umfang gar nicht repräsentiert werden können. Entsprechend haben sie auch wenig bis gar keinen Einfluss auf die Leitung und Governance des SFV als nationalem Fussballverband der Schweiz. Theoretisch hätten SFL und EL selbstverständlich die Möglichkeit, weibliche Vertreter in den ZV zu entsenden. Das ist jedoch gegenwärtig nicht der Fall. Zu begrüssen ist jedoch, dass zumindest die beiden amtierenden unabhängigen Mitglieder des ZV weiblich sind.


Art. 72d Abs. 1 lit. b Ziff. 3 SpoFöV knüpft die Gewährung von Fördergeldern neu an eine ausgewogene Vertretung beider Geschlechter in den Leitungsorganen, wobei vorzusehen ist, dass im Leitungsorgan des Dachverbands und seiner Mitgliedsorganisationen beide Geschlechter zu je mindestens 40% vertreten sind. Diese Anforderung erfüllt der SFV derzeit nicht.

F. Fussballspezifische Streitbeilegung


Der SFV bezweckt gemäss Art. 2 lit. d SFV-Statuten die Schlichtung von Differenzen unter seinen Mitgliedern. Die diesbezüglichen Zuständigkeiten des SFV und seiner Abteilungen sind jedoch in den letzten Jahren stetig zurückgegangen: So existiert namentlich die frühere Schlichtungsstelle des SFV nicht mehr. Eine Restanz ist Art. 43 Abs. 1 lit. d SFV-Statuten, wonach die Kontroll- und Disziplinarkommission (KDK) des SFV bei Streitigkeiten aus Trainerverträgen vermittelt. Damit besteht umgekehrt keine Zuständigkeit der KDK bei Streitigkeiten aus Spielerverträgen mehr. Ebenso kommt der KDK lediglich eine Vermittlungsfunktion zu; die KDK ist nicht befugt, solche Streitigkeiten autoritativ zu entscheiden. Es gilt grundsätzlich die allgemeine arbeitsgerichtliche Zuständigkeit.


Die Rechtspflegeorgane des SFV (KDK und Rekursgericht) sind somit ganz überwiegend für die Beurteilung vertikaler Streitigkeiten (zwischen Verband/Abteilung und Klub oder Spieler) zuständig. Sie entscheiden namentlich über Verstösse gegen die Qualifikationsbestimmungen (Art. 43 Abs. 1 lit. a SFV-Statuten), Disziplinarfälle (lit. e) und Proteste (lit. f). Das Verfahren richtet sich nach der Rechtspflegeordnung SFV (RPO).


Der SFV, die Abteilungen, Klubs etc. unterstehen sodann – wie in den anderen Ländern – der Jurisdiktion von FIFA und UEFA in deren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen sowie der Schiedsgerichtsbarkeit durch den Court of Arbitration for Sport (CAS) (Art. 85–91 SFV-Statuten). Die Statuten des SFV und der Abteilungen (Ausnahme: AL) enthalten zudem bis heute die Bestimmung, dass Klubs, die bei fussballbezogenen Streitigkeiten an die ordentlichen Gerichte gelangen, disziplinarisch bestraft werden (Art. 91 SFV-Statuten; Art. 61 SFL-Statuten; Art. 4 Abs. 3 EL-Statuten). In jüngerer Vergangenheit sind indessen keine Fälle bekannt geworden, in denen der SFV oder eine Abteilung diese Bestimmung durchgesetzt und Klubs sanktioniert hätte. Die rechtliche Verbindlichkeit einer solchen Bestimmung ist zudem fraglich; noch mehr wären es gestützt darauf verfügte Sanktionen (Hügi, S. 160).


Verfahrensrechtliche Besonderheiten im Fussball in der Schweiz sind:


1. Dass nur CAS-Schiedsrichter*innen mit Wohnsitz in der Schweiz den SFV oder eine Abteilung (SFL, EL, AL) betreffende Fälle beurteilen können (Art. 90 Abs. 2 SFV-Statuten; Art. 60 Abs. 2 SFL-Statuten).


2. Dass sich das Verfahren für Fälle mit SFL-Bezug vor dem CAS nach den Regeln des beschleunigten Verfahrens richtet (Art. 60 Abs. 3 SFL-Statuten). Die SFL gibt dadurch im Voraus ihr Einverständnis zu sog. expedited proceedings nach dem CAS-Code (Art. R44.4 und Art. R52 CAS-Code) ab.

III. Regelungen für den Hobbysport


Für die Organisation des Fussballsports sowohl weltweit als auch in der Schweiz entscheidend ist die Unterscheidung zwischen Amateuren und Nichtamateuren (also auf Spielerebene). Diese Abgrenzung wird von der FIFA vorgegeben und richtet sich danach, ob ein*e Spieler*in über einen schriftlichen Vertrag mit einem Klub verfügt und für seine/ihre fussballerische Tätigkeit mehr Geld erhält, als zur Deckung seiner/ihrer Auslagen tatsächlich notwendig ist. In diesem Fall ist er/sie ein*e Berufsspieler*in. Alle übrigen Fussballer*innen sind Amateure (Art. 2 FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern). Eine dritte Kategorie existiert reglementarisch nicht. Die Realität sieht freilich anders aus und zahlreiche Spieler*innen gehen dem Fussball teil- oder semiprofessionell nach. Was die Klubs betrifft, so gilt als reiner Amateurklub nur, wer ausschliesslich Amateurspieler beschäftigt. Alle anderen Klubs sind Profiklubs.


Laut SFV-Regelwerk stellt der Frauenfussball jeglicher Stufe und jeglichen Niveaus Amateur- bzw. Hobbysport dar (Art. 18 Abs. 2 SFV-Statuten). Dabei ist bereits der in den SFV-Statuten verwendete Begriff «Frauenfussball» kritisch zu betrachten (wenn nicht gar als despektierlich zu qualifizieren), sind die Spielregeln bei den Frauen wie bei den Männern – anders als in anderen Sportarten wie beispielsweise (noch) im Eishockey (s. Brumann, Rz. 28) – doch identisch; die offiziellen Spielregeln (siehe nachstehend Rz. 49 ff.) enthalten keine Regel, in der die Wettspiele der Frauen anders geregelt wären als diejenigen der Männer.

IV. Wettkampfregelungen


Im Fussballsport besteht eine Besonderheit darin, dass die Spielregeln (aktuelle Fassung 2025/2026) nicht vom Weltverband (FIFA) erlassen und geändert werden, sondern – aus historischen Gründen – vom International Football Association Board (IFAB), einem von der FIFA unabhängigen Verein nach Schweizer Recht mit Sitz in Zürich. Mitglied des IFAB sind die FIFA (mit vier Stimmen) sowie die vier Nationalverbände von England, Schottland, Nordirland und Wales (mit je einer Stimme; Art. 7 FIFA-Statuten). Alle unter der Schirmherrschaft des SFV ausgetragenen Wettspiele sind nach den IFAB-Regeln zu spielen (Art. 70 SFV-Statuten).


Art. 69 Abs. 1 SFV-Statuten weist die Verantwortung für Organisation und Koordination der nationalen Meisterschafts- und Cupwettbewerbe sowie der nationalen Wett- und Freundschaftsspiele der jeweiligen Abteilung bzw. dem Regionalverband (AL) zu. Reglementarische Grundlage für den Spielbetrieb und für die unter der Ägide des SFV ausgetragenen Spiele und Wettkämpfe (Meisterschaft, Schweizer Cup) sind das Wettspielreglement des SFV sowie das Wettspielreglement der jeweiligen Abteilung (SFL, EL, AL; Art. 69 Abs. 2 SFV-Statuten).


Eine Besonderheit betrifft die unterschiedlichen Zuständigkeiten für Männer- und Frauenwettbewerbe:


Die Verantwortung für die Organisation der Meisterschaftsspiele der Männer ist davon abhängig, in welcher Liga das betreffende Spiel stattfindet: Für die Spiele der Super League und der Challenge League ist die SFL verantwortlich, für die Spiele der Promotion League und der 1. Liga die EL, für alle anderen Spiele die AL.


Die Verantwortung für die Organisation der Meisterschaftsspiele der Frauen ist dagegen vollständig Sache des SFV selbst bzw. der Direktion Frauenfussball des SFV (Art. 60 Abs. 2 lit. f SFV-Statuten). Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich dies ändern wird.


Eine Besonderheit ist der Schweizer Cup, der sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen unmittelbar vom SFV veranstaltet wird und der direkt den Regeln des SFV untersteht (Art. 37 Abs. 3 lit. h, Art. 43 Abs. 1 lit. f SFV-Statuten).

V. Spezifische Fragestellungen

A. Umgang mit Fangewalt (Hooliganismus)


Gewalt im Umfeld von Fussballspielen ist ein seit Längerem bestehendes und, wie es scheint, nicht auszumerzendes Problem. Unter Hooliganismus werden gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Anhängerinnen und Anhängern insbesondere von Fussballklubs verstanden (Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 170; SG-Komm.-Brägger, Art. 68 BV N 37 m.w.H.).


Internationale Ebene: Der Umgang mit Fangewalt ist Gegenstand verschiedener völkerrechtlicher Verträge. Der erste seiner Art war das im Nachgang zu den Katastrophen in Bradford am 11. Mai 1985 und im «Heysel»-Stadion in Brüssel am 29. Mai 1985 verabschiedete «Europäische Übereinkommen über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportanlässen, insb. bei Fussballspielen», das vom Europarat am 19. August 1985 verabschiedet wurde und für die Schweiz am 1. November 1990 in Kraft trat (Einzelheiten bei SG-Komm.-Brägger, Art. 68 BV N 7). Das Abkommen von 1985 wurde per 1. Mai 2020 durch das «Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen» vom 3. Juli 2016 (SR 0.415.31) abgelöst.


Nationale Ebene – Bund: Aufgrund der kantonalen Polizeihoheit sind die Bekämpfung von Gewalt bei Fussballspielen und die einschlägige Prävention in erster Linie Sache der Kantone. Dessen (und Art. 42 Abs. 1 BV) ungeachtet war ursprünglicher Initiator der einschlägigen Massnahmen der Bund: Im Rahmen des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) hat der Bund im Vorfeld der Fussball-Europameisterschaft 2008 (und der Eishockey-Weltmeisterschaft 2009) verschiedene Massnahmen erlassen wie die Errichtung der nationalen Datenbank über Hooligans (HOOGAN), Rayonverbot, Ausreisebeschränkung, Meldeauflage und Polizeigewahrsam (Art. 24a–24e BWIS i.d.F. AS 2006 3703). Die Massnahmen Rayonverbot, Meldeauflage und Polizeigewahrsam – denen aufgrund der kantonalen Polizeihoheit die Verfassungsgrundlage fehlte (und sich eine solche auch aus Art. 57 Abs. 2, Art. 68 oder Art. 123 BV nicht ergab) – wurden 2009 wieder aus dem BWIS gestrichen (AS 2009 5091), womit die Problematik der fehlenden Verfassungsgrundlage nur noch hinsichtlich Art. 24a BWIS bestehen blieb (weiterführend SG-Komm.-Brägger, Art. 68 BV N 37 f.).


Nationale Ebene – Kantone: Die Kantone verabschiedeten am 15. November 2007 das Konkordat (interkantonale Vereinbarung, Art. 48 BV) über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen (sog. Hooligan-Konkordat). Es wurde per 2. Februar 2012 erheblich verschärft und sieht u.a. eine Bewilligungspflicht für Fussball- und Eishockeyspiele der obersten Spielklasse der Männer vor. Im Nachgang zu einem Urteil des Bundesgerichts, das einzelne Massnahmen des revidierten Konkordats als unverhältnismässig qualifiziert hatte (BGE 140 I 2 E. 11.2.2, E. 12.3.2), wurde das Konkordat ein drittes Mal revidiert (SG-Komm.-Brägger, Art. 68 BV N 38 m.w.H.).


Im Rahmen einer geplanten weiteren Revision des Hooligan-Konkordats spricht sich die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) – gegen den Widerstand von SFL und SFL-Klubs – für die Einführung der Möglichkeit personalisierter Tickets für Sportveranstaltungen aus. Der Entscheid über die tatsächliche Einführung solcher Tickets läge aber weiterhin bei den Bewilligungsbehörden (KKJPD, Meldung vom 12. April 2024).


Sportverbandsebene: Ergänzend zu den staatlichen Massnahmen erlassen die Klubs privatrechtliche Stadionverbote, die der SFV alsdann für generell gültig erklären kann. Laut Wettspielreglement (Art. 126 Abs. 1 WR SFV) sind der SFV, die Abteilungen, Regionalverbände und Klubs verpflichtet, bei bestimmten Voraussetzungen Stadionverbote auszusprechen. Sie bevollmächtigen sich dabei gegenseitig zur Ausübung des Hausrechts, womit von einem Klub ausgesprochene Stadionverbote auch in sämtlichen anderen Stadien in der Schweiz Gültigkeit haben. Der ZV hat, gestützt auf Art. 126 Abs. 2 WR SFV, Richtlinien erlassen, welche beispielsweise regeln, in welchen Fällen ein Stadionverbot auszusprechen ist und wie sich ein Betroffener dagegen wehren kann (SFV Richtlinien; s.a. Hügi, S. 345).

B. Disziplinarwesen


Gestützt auf Art. 73 SFV-Statuten steht dem SFV (d.h. grundsätzlich der KDK, Art. 78 Abs. 2 SFV-Statuten) das Recht zu, gegen seiner Satzungsordnung unterstellte (natürliche und juristische) Personen Sanktionen und Disziplinarmassnahmen, sog. Vereinsstrafen, auszufällen (zum Begriff BSK ZGB I-Scherrer/Brägger, Art. 70 N 18 ff.). Das Verfahren richtet sich nach der RPO (Art. 82 SFV-Statuten). Die nämliche Kompetenz kommt auch den Abteilungen für ihren Zuständigkeitsbereich zu.


Die Disziplinarmassnahmen gegen Klubs sind in Art. 74 SFV-Statuten geregelt; zu ihnen gehören Verweis, Busse, Forfait-Niederlage, Punktabzug, Zwangsrelegation oder Lizenzentzug. Gegen natürliche Personen sind u.a. Suspension, Funktionssperre oder Platzverbot möglich. Sie können zudem zu gemeinnütziger Tätigkeit zugunsten des Fussballs verpflichtet werden (Art. 75 SFV-Statuten), wobei die Statuten hinsichtlich Letzterem offenlassen, was darunter zu verstehen ist.


Bemerkenswert ist die in Art. 77 Abs. 1 SFV-Statuten enthaltene Bestimmung, wonach der SFV und die Abteilungen – gleich wie der Staat – die Einziehung von Vermögenswerten sollen anordnen können, die zur Begehung, Anstiftung oder Belohnung eines disziplinarischen Vergehens bestimmt waren, zu einer solchen gedient haben oder durch ein disziplinarisches Vergehen erlangt worden sind. Die Durchsetzbarkeit dieser Bestimmung, die in der Praxis bislang soweit ersichtlich noch nie angewendet wurde, erscheint fraglich; namentlich unter dem Blickwinkel von Art. 27 ZGB erscheint eine Unterwerfung unter eine solche Gewalt eines privaten Rechtssubjekts problematisch.

C. Kasuistik


Nachfolgend werden einige von Schweizer Gerichten entschiedene leading cases aus dem Fussballsport wiedergegeben, die die Sportrechts-Landschaft in der Schweiz geprägt haben (für ausführliche Darstellungen der Fälle wird auf die entsprechenden Entscheidungen sowie auf die jeweilige Darstellung bei Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 87 f., S. 250 f., S. 292 f. und Uebersax/Stohner, S. 150 ff. verwiesen).

1. Fall Georges Perroud (BGE 102 II 211)


Georges Perroud schloss 1969 mit dem FC Servette Genf einen Arbeitsvertrag über drei Jahre ab. Perroud beendete das Anstellungsverhältnis 1972 und verlangte vom FC Servette eine Freigabeerklärung, welche der Klub, der für den Spieler eine hohe Ablösesumme verlangte, jedoch verweigerte. Aufgrund der damaligen Reglemente des SFV und der National-Liga war es Perroud nicht möglich, eine andere Anstellung zu finden; er blieb während zwei Jahren vom bezahlten Fussball ausgeschlossen. Perroud forderte in der Folge vom FC Servette Schadenersatz und Genugtuung. Das Genfer Arbeitsgericht sprach Perroud CHF 24’000 Schadenersatz und CHF 5’000 Genugtuung zu, was das Bundesgericht letztinstanzlich bestätigte.


Das Bundesgericht hielt in seinem Urteil vom 15. Juni 1976 fest, dass Abreden zwischen einem Fussballklub und einem Spieler, die dem Klub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlaubten, die Austrittsbescheinigung mit der Folge zu verweigern, dass der Spieler nicht in einen anderen Klub eintreten könne und deshalb vom Profifussball ausgeschlossen sei, als nichtig zu qualifizieren seien; solche Abreden seien persönlichkeitsverletzend und der in solchen Fällen vorgesehene Ausschluss vom Berufsfussball ein unzulässiger Boykott eines Sportverbands (BGE 102 II 211, E. 7, E. 8). Die National-Liga sah sich aufgrund dieses Urteils veranlasst, ihre Transfer- und Qualifikationsreglemente grundlegend zu überarbeiten; namentlich das Institut der «Freigabeerklärung» wurde abgeschafft. Der Fall Perroud bedeutete zugleich das Ende der klassischen Ablösezahlungen bei Klubwechseln von Spielern innerhalb der Schweiz (s. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 26, S. 250 f.).

2. Fall Pierre-Albert Chapuisat/Lucien Favre


In einem Spiel der National-Liga A im Jahr 1985 verletzte Pierre-Albert Chapuisat seinen Gegenspieler Lucien Favre schwer am Knie, worauf Favre während Monaten arbeitsunfähig war. Lucien Favre war auf das gegnerische Tor zugestürmt, als der verteidigende Pierre-Albert Chapuisat versuchte, ihn zu stoppen. Im Zuge dieser Aktion traf Chapuisat statt den Ball mit gestrecktem Bein Favres Knie. Das Genfer Polizeigericht sprach Chapuisat am 11. Juni 1987 wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung schuldig und büsste ihn mit CHF 5’000. Ein Rekurs Chapuisats gegen das Urteil wurde vom Genfer Kassationsgericht abgewiesen. Gegenstand der Verfahren war dabei neben der Verletzung (Stichwort Verwirklichung des sportartspezifischen Risikos) auch die Frage, ob und in welchem Umfang Filmmaterial des Spiels im Strafverfahren verwertbar ist. Dies deshalb, weil zwar das konkret in Frage stehende Spiel von Fernsehkameras aufgezeichnet worden war, jedoch noch nicht alle Spiele der National-Liga, was Chapuisat als rechtsungleiche Behandlung zu seinen Ungunsten rügte. Die Genfer Anklagekammer wies den Einwand zurück und erklärte die Aufnahmen für verwertbar (s. Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 87 f.).


Ein weiteres Beispiel einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Körperverletzung nach einem Foulspiel im Fussball: Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau, Strafbefehl vom 30. April 2015, abgedruckt in Causa Sport 2015, 215.

3. Fall FC Sion


Die FIFA verhängte am 16. April 2009 gegen den FC Sion aufgrund des Transfers des Torhüters Essam El-Hadary eine Registrierungssperre (Transfersperre) für zwei Transferperioden. Der Klub verpflichtete Anfang 2011 (während der Geltung der Registrierungssperre) jedoch trotzdem neue Spieler und beantragte bei der SFL deren Registrierung, was diese ablehnte (Entscheid des SFL-Rekursgerichts vom 29. Juli 2011). Die sechs betroffenen Spieler beantragten daraufhin beim Bezirksgericht Martigny und St-Maurice/VS superprovisorisch (Art. 265 ZPO) die Erteilung der Spielberechtigung, was das Gericht mit Entscheid vom 3. August 2011 unter Verweis auf die Persönlichkeitsrechte der Spieler (Art. 28 ZGB) guthiess (vom gleichen Gericht nach Anhörung der Gegenseite bestätigt mit Entscheid vom 27. September 2011). Das Kantonsgericht Wallis hob diesen Entscheid mit Urteil vom 16. November 2011 jedoch wieder auf mit der Begründung, das Verhalten der Spieler sei rechtsmissbräuchlich i.S.v. Art. 2 Abs. 2 ZGB.


Der Fall führte neben diesen zu zahlreichen weiteren Gerichtsverfahren vor den verschiedensten Instanzen (erst- und zweitinstanzliche Gerichte in den Kantonen Wallis, Waadt und Bern; Bundesgericht; CAS; UEFA- und FIFA-Instanzen; Staatsanwaltschaften; Wettbewerbsbehörden). Sämtliche Verfahren endeten letztlich jedoch zu Ungunsten des FC Sion. Für einen Überblick wird verwiesen auf die folgenden Darstellungen: Causa Sport 2011, 359 ff.; Causa Sport 2012, 79 ff.; Causa Sport 2012, 171 ff.; Causa Sport 2012, 234 ff.; Causa Sport 2012, 249 ff.; Causa Sport 2012, 319 ff.; SJZ 2013, 5 ff.; BGer 4A_392/2010 vom 12. Januar 2011; Scherrer/Muresan/Ludwig, S. 292 f. Ein weiteres Beispiel für superprovisorische/vorsorgliche Massnahmen im Sport: Causa Sport 2014, 387 ff., Bezirksgericht Dielsdorf vom 20. Oktober 2014.

 
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