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[Staatsrecht] Appenzeller / Appell ohne Präsenz? Zur Bedeutung «virtueller Versammlungen» für die Einschränkbarkeit von Demonstrationen auf öffentlichem Grund

Demonstrationen auf öffentlichem Grund sind während der Covid-19-Pandemie kaum mit der üblichen Appellfunktion durchführbar. Politische Anliegen werden darum vermehrt auf kreativen – vornehmlich digitalen – Wegen artikuliert. Welchen Einfluss haben virtuelle Versammlungen und neuartige digitale Kommunikationsmittel auf die Demonstrationsfreiheit? Auch wenn sie physische Demonstrationen nicht vollständig zu substituieren vermögen, beeinflusst ihr Vorhandensein gleichwohl die grundrechtliche Verhältnismässigkeitsprüfung.

1. Fragestellung

In einer zunehmend digitalisierten Welt, in der «Social Media» und an individuelle Bedürfnisse angepasste virtuelle Informationsquellen an Bedeutung gewinnen, verschiebt sich der Schwerpunkt von realen und physischen zwischenmenschlichen Interaktionen immer mehr in den virtuellen Raum, bestehend aus E-Mails, Zoom-Meetings, WhatsApp, Instagram und unzähligen weiteren digitalen Kommunikationsplattformen.1 Dies wirft in rechtlicher Hinsicht verschiedenste Fragestellungen auf.

Seit Beginn des Jahres 2020 stellt das Covid-19-Virus die Welt auf den Kopf. Das Virus führte in zahlreichen Lebensbereichen und für nahezu alle Menschen zu erheblichen Einschränkungen ihrer Freiheiten und zu Umstellungen im alltäglichen Leben.2 Gleichzeitig, oder auch ausgelöst dadurch, wurde das Bedürfnis gewisser Personengruppen immer grösser, die Öffentlichkeit auf systematisch bedingte Ungleichbehandlungen und auf Missstände in der Verwaltung und Regierung aufmerksam zu machen.3 Das Bedürfnis, zu diesen sehr emotionalen Themen physische Kundgebungen und Demonstrationen abzuhalten, steht jedoch in diametralem Widerspruch zu den von den verschiedenen Gemeinwesen getroffenen Massnahmen, wie dem Versammlungs- und Demonstrationsverbot, welche aufgrund des Covid-19-Virus zum Schutz der öffentlichen Gesundheit verhängt wurden (vgl. Art. 6 Abs. 1 COVID-19-Verordnung 24). Es fragt sich nun, was mit Kommunikationsgrundrechten, insbesondere der «Demonstrationsfreiheit» und ihrer spezifischen Appellfunktion geschieht, wenn der physische Raum nicht (mehr) zur Verfügung steht, und welche Rolle dabei virtuelle Versammlungen und neuartige Kommunikationsmittel spielen. Hat die physische Präsenz bei Demonstrationen in diesem Umfeld noch den gleichen Stellenwert in einer allfälligen Interessensabwägung?

2. Demonstrationsfreiheit als Teil der Kommunikationsgrundrechte

2.1. Definition und rechtliche Positivierung

Als Demonstration wird eine besondere Form der Versammlung bezeichnet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird sie als eine Versammlung von mehreren Personen verstanden, die mehrheitlich auf öffentlichem Grund stattfindet und – als besonders wirksame Form der Meinungsäusserung – ein ideelles Anliegen in der Öffentlichkeit propagieren will.5 Ihr kommt eine spezifische Appellfunktion zu, die sich oft (aber nicht zwingend) als politische Meinungsäusserung darstellt, wobei die Meinungsäusserung durch beliebige Ausdrucksmittel erfolgen kann.6 Demonstrationen bilden insbesondere für Minderheiten ein wirksames Forum, sich in den sozialen und Massenmedien sowie in der breiten Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen.7

Demonstrationen können immobile Versammlungen, die an einem bestimmten Ort abgehalten werden, oder mobile Veranstaltungen sein, die den Ort der räumlichen Ansammlung und Zusammenkunft durch Fortbewegung aller Teilnehmer verschiebt.8 Der Begriff der «Kundgebung» wird in diesem Beitrag als Synonym verwendet.

Trotz der erheblichen praktischen Relevanz von Demonstrationen kennt die Schweizer Bundesverfassung – im Gegensatz zu mehreren Kantonsverfassungen9 – keine selbstständige Demonstrationsfreiheit.10 Weiter hat auch das Bundesgericht, obwohl es den Wert der Demonstrationsfreiheit seit geraumer Zeit anerkennt, kein entsprechendes eigenständiges ungeschriebenes Grundrecht geschaffen.11 Anderer Ansicht ist hier Errass, der das Vorliegen eines ungeschriebenen Grundrechts bejaht.12 Die tatsächliche Anerkennung ist grundsätzlich jedoch nicht erforderlich, da Demonstrationen durch die Versammlungs- und subsidiär durch die Meinungsfreiheit als Auffanggrundrecht (Art. 16 und 22 BV13) geschützt werden.14 Obwohl Demonstrationen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vorrangig durch die Versammlungsfreiheit geschützt sind, sollten öffentliche Kundgebungen wegen ihres kommunikativen Gehalts und ihrer Zielsetzung in Form der spezifischen Appellwirkung immer auch im Lichte der Meinungs- und Informationsfreiheit betrachtet werden.15

Ein Teil der Lehre erkennt dann auch bei Demonstrationsverboten wegen dem meinungsäussernden Gehalt eine Einschränkung beider Grundrechte simultan.16 Dies würde einen differenzierteren Zugang zur fortschreitenden Digitalisierung auch im Kontext von Demonstrationen ermöglichen. Die Digitalisierung tangiert Schutzgehalte der Kommunikationsgrundrechte in vielerlei Hinsicht, was speziell in Bezug auf die allgemeine Meinungsfreiheit untersucht wurde, und auch Demonstrationen in ihrer kommunikativen Ausprägung massgebend betrifft.

2.2. Doppelte Zielsetzung

Demonstrationen als geschützter Teilaspekt der Kommunikationsgrundrechte, insbesondere der Versammlungs- und Meinungsfreiheit, weisen sowohl individuelle als auch gesellschaftsbezogene Zielsetzungen auf. Die subjektiv-rechtliche Funktion mit menschenrechtlicher Zielsetzung äussert sich darin, dass sie dem Schutz der individuellen Autonomie und sozialen Kommunikation, also der individuellen Persönlichkeitsentfaltung, dient.17 Daneben stellen diese Garantien auch ein konstituierendes und grundlegendes Element einer offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft dar. Eine freie Zirkulation von kommunikativen Inhalten, wie Meinungen, Kritiken an der Regierung und oppositionelle Ansichten, schützt vor gesellschaftlicher Erstarrung und schafft zugleich Raum für Impulse zu kontinuierlichem und friedlichem Wandel.18 Nur durch vielseitige Meinungsäusserungen und entsprechende Reflexion kann die staatliche Machtausübung wirksam kontrolliert und die Akzeptanz demokratischer Entscheide und der Schutz von Minderheitsmeinungen erreicht werden.19

2.3. Schutzbereich und Schutz virtueller Versammlungen

Sachlich geschützt werden «verschiedenste Formen des Zusammenfindens von Menschen im Rahmen einer gewissen Organisation mit einem weit verstandenen gegenseitig meinungsbildenden oder meinungsäussernden Zweck».20 An den Organisationsgrad dürfen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Eine minimale Planmässigkeit reicht grundsätzlich aus.21 Erfasst werden sowohl Veranstaltungen auf öffentlichem wie auch auf privatem Grund.22

Umstritten und in der Praxis bisher ungeklärt ist, ob auch virtuelle Versammlungen von Art. 22 BV erfasst sind.23 Dieser Aspekt ist im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung und die momentan eingeschränkte Verfügbarkeit des öffentlichen Grundes von eminenter Bedeutung.24 Es wird entsprechend angeführt, dass weniger die physische Präsenz einer Versammlung als vielmehr die kollektive Form der Meinungsbildung und -kundgabe für den Schutz durch die Versammlungsfreiheit entscheidend sei.25 Auf Kommunikationsplattformen partizipieren unterschiedlichste Personen, Personengruppen und Organisationen in Form von virtuellen Versammlungen und insbesondere Kundgebungen und erhoffen sich – wie im physischen Raum – erhöhtes Aufmerksamkeits- und Durchsetzungspotenzial.26 Es besteht klar eine Form von sozialen Begegnungen und kollektivem Gedankenaustausch, wobei nicht mehr nur eine reine Meinungsäusserung intendiert ist, sondern immer mehr das virtuelle Zusammenkommen, ermöglicht durch digitale Foren, im Zentrum steht.27 So ist es angemessen, staatliche Massnahmen gegen kollektive Meinungsäusserungen im Internet in Form von virtuellen Versammlungen auch im Licht von Art. 22 BV zu prüfen, um einen umfassenderen und differenzierteren Schutz zu gewährleisten.28 Bei einer Bejahung des Schutzes solcher virtuellen Versammlungen könnten vermehrt grundrechtliche Schutz- und Leistungsansprüche entstehen, um virtuelle Versammlungen und unter Umständen auch virtuelle Kundgebungen – wie etwa Chatforen, Videokonferenzen oder sogar soziale Netzwerke – an die erhöhten Voraussetzungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit anzupassen. Gegen eine solche Erweiterung des Schutzbereichs wird allerdings angeführt, dass lediglich eine synchrone Kommunikation stattfände und eine kollektive Expressivität ohne körperliche Anwesenheit nicht möglich sei.29 Ebenso seien solche virtuellen Zusammenkünfte durch andere Grundrechte genügend geschützt.30

Speziell im Zeitalter der Digitalisierung, wo Technologien für kollektive Kommunikationszwecke einen bisher ungeahnten Stellenwert erhalten und sich erheblich weiterentwickeln, gewinnen virtuelle Versammlungen, in Form von Demonstrationen oder anderen Versammlungen, an Bedeutung. Das Internet, als Forum mit nahezu unbeschränkten Möglichkeiten, weist durchaus das Potenzial auf, mit dem öffentlichen Raum – insbesondere aufgrund seiner begrenzten Verfügbarkeit wegen der Covid-19-Pandemie – als bevorzugtem Veranstaltungsort zu konkurrieren.31 Es ist daher ratsam, den Schutzbereich auf virtuelle Versammlungen auszudehnen, um so einen möglichst zukunftsorientierten und umfassenden grundrechtlichen Schutz zu gewährleisten. Ob solche rein virtuellen Demonstrationen auch eine – für Kundgebungen grundlegende – genügende Appellwirkung generieren können, bleibt zu klären.

3. Öffentliche Appellfunktion

Demonstrationen mit ihrer spezifischen Appellfunktion an die Öffentlichkeit sichern partizipierenden Gruppen die Möglichkeit, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken, ohne auf die rechtlich normierten politischen Mitwirkungsrechte und demokratischen Einrichtungen angewiesen zu sein.32 Der öffentliche Appell einer Kundgebung beinhaltet oft eine politische Meinung, mit welcher sich Gleichgesinnte identifizieren können, die aber auch an ein indifferentes oder andersdenkendes Publikum gerichtet und daher von ausgesprochener Wichtigkeit für demokratische Gesellschaften ist.33 Fraglich ist, wie und auf welche Weise diese öffentliche Appellfunktion von Demonstrationen gewährleistet werden kann.

3.1. Demonstrationen auf öffentlichem Grund

Kommunikationsgrundrechte und speziell öffentliche Kundgebungen nehmen oft den öffentlichen Grund34 in gesteigerter Weise in Anspruch, um eine genügende Appellfunktion und -wirkung zu erreichen.35 Um diesem Publizitätsbedürfnis Rechnung zu tragen, ist den Betroffenen grundsätzlich ein öffentliches Areal zur Verfügung zu stellen. So kann in Zeiten möglicher physischer Präsenz eine tatsächliche und direkte Auseinandersetzung mit Minderheitsstandpunkten in politischen und sozialen Bereichen gewährleistet werden. Diese «Kontroll- und Innovationsfunktion»36 dient langfristig einer offenen und toleranten Gesellschaft.37

Liegt ein gesteigerter Gemeingebrauch38 vor, so besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts lediglich ein bedingter Anspruch auf Benützung des öffentlichen Grundes zur Durchführung von Demonstrationen.39 Als solcher wird die Nutzung einer öffentlichen Sache bezeichnet, die entweder nicht bestimmungsgemäss oder nicht gemeinverträglich ist.40 In der jüngeren bundesgerichtlichen Rechtsprechung wird bei diesem Anspruch nicht mehr primär auf die Eigentumsverhältnisse des entsprechenden Grundes abgestellt, sondern vor allem auf die ausdrückliche oder konkludente Widmung der Sache. Das bedeutet, dass sich im Privateigentum befindende, aber dem Gemeingebrauch gewidmete Sachen (bspw. private Strassen und Plätze) gleich behandelt werden wie öffentliche Sachen unter Hoheitsgewalt.41

3.2. Verschiebung relevanter Medienkanäle

Das Internet schafft einen weltweiten Begegnungsplatz und Markt, auf dem Anwendungen und Dienste angeboten und genutzt werden können. Neuste empirische Studien belegen, dass der Konsum von Medien primär im Internet stattfindet und die sozialen Medien den klassischen Massenmedien wie Fernsehen, Rundfunk und Zeitung den Spitzenplatz abgenommen haben. Speziell in der Alterskategorie der 15–34-jährigen Personen ist diese Entwicklung besonders prägnant.42

Im Internet spielen globale Suchmaschinen und soziale Netzwerke eine erhebliche Rolle und erreichen in der Schweiz durchschnittlich eine viermal höhere Aufmerksamkeit als das im Internet abrufbare Angebot der schweizerischen Massenmedien.43 Es schafft somit als Informationsquelle und zentrales Verbreitungsmittel einerseits die Chance, den Distributionsgrad von Mitteilungen und Kommunikation – und somit die mögliche Publizitäts- und Appellwirkung – schnell und erheblich zu erweitern und mehr Transparenz zu schaffen.44 Dies ist namentlich relevant, da der angestrebte Appell bei Demonstrationen nicht mehr nur durch die Öffentlichkeit und Massenmedien, sondern in erheblichem Masse durch soziale Medien und Netzwerke geschieht.45 Um eine effektive(re) Appellwirkung zu erreichen, wurden bspw. Teile der Studentenproteste in der Türkei live im Internet übertragen und Bilder der Gewalt online weiterverbreitet oder ganze Demonstrationen digital durchgeführt.46 Das Internet trägt dementsprechend erheblich zur Meinungsvielfalt in der Demokratie bei und verändert zunehmend auch demokratische Abläufe.47 Der arabische Frühling, die «Occupy Wall Street»-Bewegung oder die US-Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 wurden insbesondere durch Auseinandersetzungen über soziale und politische Themen in sozialen Netzwerken wesentlich beeinflusst.48

Andererseits bietet das Internet auch beträchtliches Schadenspotenzial. Fake News, personalisierte Nachrichten, Anonymität und noch ungeklärte Fragen der Jurisdiktion und Regulierung zeigen beispielhaft auf, wie Internetkommunikation der freien Zirkulation von Meinungen und der politischen Willensbildung schaden kann.49 Gleichwohl führt die digitale Entwicklung zu einer unaufhaltsamen Veränderung der (medialen) Kommunikation. Technologische Entwicklungen, wie neue Kommunikationsplattformen,50 eröffnen neue Möglichkeiten in der privaten, wie auch in der öffentlichen Kommunikation.51 Dieser digitale Wandel beeinflusst auch den Gehalt und die Bedeutung von Kommunikationsgrundrechten.

3.3 Bedeutung des Internets bei Unverfügbarkeit des öffentlichen Raumes

Von der Lehre bislang weitgehend unbeachtet, ist die Demonstrationsfreiheit, geschützt durch die Versammlungs- und Meinungsfreiheit, als Teil der Kommunikationsgrundrechte ebenfalls von diesem digitalen Wandel betroffen. Öffentliche Kundgebungen waren bisher massgeblich auf öffentlichen Grund angewiesen. Nur so konnte ohne den Einbezug digitaler Hilfsmittel eine öffentliche Appellwirkung erreicht werden. Während der Covid-19-Pandemie hat sich jedoch nicht nur das allgemeine Kommunikationsverhalten, sondern aufgrund der ergriffenen Schutzmassnahmen auch die Möglichkeit, Kundgebungen im öffentlichen Raum durchzuführen, geändert.

3.3.1. Dimensionen von Grundrechten und grundrechtliche Leistungs- und Gewährleistungsansprüche

In Anbetracht der aktuell beschränkten Möglichkeit, Kundgebungen durchzuführen, drängt sich einerseits der abwehrrechtliche Gehalt der Versammlungs- und Meinungsfreiheit auf. Die Teilnehmer und Veranstalter haben einen subjektiv-rechtlichen Anspruch darauf, dass Demonstrationen ohne staatliche Eingriffe durchgeführt werden können. Eingriffe sind jedoch zulässig, wenn die Eingriffsvoraussetzungen von Art. 36 BV eingehalten werden.52

Bezüglich der staatlichen Leistungspflichten fragt sich, ob nicht eine zusätzliche Leistungs- und Gewährleistungspflicht zur Erreichung der Appellwirkung, analog zum bedingten Anspruch auf Benützung des öffentlichen Grundes – wegen der faktischen Unverfügbarkeit desselben – bestehen könnte. Leistungs- und Gewährleistungspflichten unterliegen aber einer differenzierten Interessensabwägung, gelten nicht absolut und sind oft sogar nur programmatischer Natur.53 Sie richten sich in den meisten Fällen an den Gesetzgeber, wobei dieser einen erheblichen, von seiner Leistungsfähigkeit abhängigen Ermessenspielraum besitzt.54

Gemäss Art. 35 Abs. 1 BV sollen die Grundrechte in ihrer objektiv-rechtlichen Dimension in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. Die umfassende Realisierung von Grundrechten gebietet, dass der Gesetzgeber auch über die grundrechtlichen Minimalgarantien hinaus eine grundrechtsfreundliche Rechtsordnung zu schaffen hat.55 Die Grundrechte bilden als fundamentales Element der Bundesverfassung «Mass und Ziel staatlicher Ordnung» und ein Leitprinzip für die Politik.56 Die Behörden sorgen weiter dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden (Art. 35 Abs. 3 BV).

Das staatliche Handeln sollte aber trotz umfassender Geltung der Grundrechte nicht auf die vollkommene Realisierung der Grundrechte reduziert werden. Die Grundrechte geben lediglich punktuelle Zielangaben und keine flächendeckende Werteordnung oder ein abschliessendes Normprogramm vor.57 Es ist nicht auf einen eigentlichen grundrechtlichen Anspruch, sondern auf ein programmatisches Grundrechtsinteresse abzustellen.58 Dem Gesetzgeber kommt auch hier ein erhebliches Entscheidungs- und Auswahlermessen zu.59

Aufgrund der sich rasant ändernden Verhältnisse – einerseits wegen der Digitalisierung und andererseits wegen der Covid-19-Pandemie – ist der Staat als Grundrechtsverpflichteter60 umso intensiver in der Pflicht, die Rechtsordnung so anzupassen, dass Grundrechte nicht ins Leere laufen. Da subjektiv-rechtliche Durchsetzungsmechanismen im Zusammenhang mit der freien Kommunikation im Internet zum gegenwärtigen Zeitpunkt erst schwach ausgebildet sind, steht die objektiv-rechtliche Dimension (noch) im Zentrum.61 Diese stipuliert ein gesamtgesellschaftliches Anliegen einer Kommunikationsstruktur im Internet, die eine transparente demokratische Willensbildung und legitime Entscheide zulässt.62

Geht man von der Prämisse aus, dass das öffentliche Interesse der öffentlichen Gesundheit und der Schutz von Grundrechten Dritter genügend schwer wiegen, um Demonstrationen in dem vorliegenden Mass rechtmässig zu beschränken, würde der Schutzgehalt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit ohne die Möglichkeit der Nutzung des öffentlichen Grundes ausgehöhlt. Kundgebungen mit einer wirksamen Publizitäts- und Appellwirkung wären grundsätzlich nicht mehr möglich. Aufgrund der doppelten Stossrichtung der Demonstrationsfreiheit und insbesondere der Bedeutung für die politische Willensbildung ist der Gesetzgeber speziell gefordert, neue und an die digitalen Voraussetzungen angepasste Lösungen zu finden. Hier ist einiges an Arbeit zu leisten um die Regeln, die für die physische Welt entwickelt wurden, in die virtuelle Umgebung zu übertragen.63 Der Bund ist in diesem Bereich bereits aktiv geworden und strebt bspw. eine Änderung des RTVG64 und die Schaffung eines Bundesgesetzes über die Förderung von Online-Medien an (VE-GeM), um die Rechtsordnung an die neuen Gegebenheiten anzupassen.65

3.3.2. Virtuelle Kundgebungen

Aufgrund der starken Zunahme von digitaler Kommunikation und der Substituierung physischer Kundgaben im tatsächlichen Leben durch digitale Anwendungen wie Videokonferenzen und Onlineforen drängt sich die Frage auf, ob die angestrebte Publizitätswirkung von physischen öffentlichen Kundgebungen nicht mittels virtueller Demonstrationen erreicht werden kann. Ebenfalls offen ist, ob damit, analog zu physischen Sachverhalten, grundrechtsrelevante staatliche positive Pflichten verbunden sind.

Im Bereich der allgemeinen Kommunikationsgrundrechte ist dieser Übertragungsvorgang von physischen auf virtuelle Anwendungsbereiche bereits im vollen Gang, da global tätige Unternehmen mit ihrer weltweiten Verflechtung die Kommunikation nicht nur behindern oder fördern, sondern diese auch inhaltlich tiefgreifend und nachhaltig prägen und somit für eine funktionierende Kommunikation als nahezu systemrelevant angesehen werden können.66 Sinnbildich hat etwa der US-Supreme Court hierzu hervorgehoben, dass verfassungsmässige Kommunikationsgrundrechte wie die Meinungs- und Medienfreiheit ungeachtet der Herausforderungen, die die Geltung der Verfassung auch für die sich ständig weiterentwickelnden Technologien mit sich bringt, ebenso auf neue und andere Kommunikationsmedien anwendbar sind.67

Diese stetige digitale Erweiterung der Kommunikation könnte nun auch auf die Versammlungsfreiheit und damit auf grundrechtlich geschützte Kundgebungen übertragen werden. So werden bspw. im Zivilrecht zumindest teilweise bereits digitale Generalversammlungen (sog. gemischte Online-Versammlung) abgehalten.68 Der EGMR spricht sich ebenfalls dafür aus, dass die Versammlungsfreiheit nicht restriktiv auszulegen sei.69 Besonders Demonstrationen sind in bedeutendem Masse auf eine öffentliche Sphäre angewiesen.70 So wäre es vertretbar, analog zum bedingten Anspruch auf Benützung des öffentlichen Grundes einen solchen bedingtem Anspruch auch für geeignete virtuelle Räume im Internet anzunehmen. Da primär auf den Bestimmungszweck einer öffentlichen Sache abgestellt wird und damit auch im Privateigentum stehende Sachen im Gemeingebrauch erfasst sind,71 kommen auch private Internetplattformen mit einem öffentlichen und breiten Nutzerkreis als Plattformen für virtuelle Kundgebungen in Betracht. Der Versammlungsfreiheit kann in diesem Sinne auch eine indirekte Dritt- bzw. Horizontalwirkung zukommen, indem die Rechtsordnung und die Rechtsbeziehungen unter Privaten möglichst grundrechtskonform ausgestaltet werden müssen.72 So könnten analog zu Grundeigentümern im vorliegenden Fall Internetdienstleister verpflichtet werden, ihr virtuelles Forum oder ihre Plattform (möglicherweise gegen Entgelt) zur Verfügung zu stellen.73 Mit diesen virtuellen Versammlungen können entsprechende Medienmitteilung des Bundes verbunden werden, um eine genügende oder zumindest gesteigerte Appellwirkung zu erreichen.74

Eine solche Anerkennung von virtuellen Versammlungen und entsprechenden Leistungspflichten würde den Stellenwert (virtueller) politischer Diskussionen und Kundgebungen verdeutlichen. Den Gesetzgeber könnten in der subjektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte allfällige Pflichten treffen, solche virtuellen Versammlungen zu ermöglichen und Mittel bereitzustellen, um das Publikationsbedürfnis zu erfüllen. Solche Leistungspflichten werden aber nur sehr zurückhaltend anerkannt und bei der Definition der spezifischen Leistungen besteht ein weiter Umsetzungsspielraum.75 Eher ist der Gesetzgeber durch die objektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte angehalten, unabhängig von subjektiv-rechtlichen Ansprüchen – im Sinne eines programmatischen Gehalts – die Grundrechte bei seinen Entscheiden zu berücksichtigen, um eine bessere Appellfunktion durch Massenmedien und im Besonderen auch durch hoch frequentierte soziale Netzwerke zu gewährleisten.

Der Bundesrat hat hier ein Massnahmenpaket im Bereich der Online-Medien vorgeschlagen, das eine verstärkte Appellfunktion und eine gewisse Form von Öffentlichkeit durch Massenmedien und durch digitale Plattformen gewährleisten soll.76 Hier besteht aber noch Handlungsbedarf: einerseits subjektiv-rechtliche justiziable Ansprüche zu erkennen und andererseits mittels der geschaffenen Öffentlichkeit auch ein indifferentes Publikum zu erreichen.77

3.3.3. Substitution von physischen durch virtuelle Demonstrationen?

Das Internet birgt erhebliches Potenzial für die Kommunikationsgrundrechte, die politische Willensbildung und insbesondere Demonstrationen und Kundgebungen. In Bezug auf virtuelle Versammlungen und ihre Bedeutung für Demonstrationen mit spezifischer Appellfunktion stehen insbesondere Leistungs- und Gewährleistungspflichten im Raum. Auch beeinflusst die objektiv-rechtliche Dimension als Programmgehalt die Verwirklichung der Grundrechte im Bereich der Digitalisierung schon heute. Es sind jedoch auch viele Punkte zu nennen, die sich negativ auf die Gesamtabwägung auswirken: exemplarisch hierzu stellt sich die Kooperation mit privaten Unternehmen als sehr schwierig dar.78 ebenfalls zeigen die nahezu unüberwindbare Informationsflut und die damit verbundene, durch private Unternehmen mittels Algorithmen gestaltete persönliche Internetumgebung (sog. Filterblasen) grosse Hürden für eine genügende öffentliche Appellwirkung auf.79 Da noch zu viele Variablen der digitalen Kommunikation rechtlich nicht geklärt sind, ist eine objektive und transparente politische Willensbildung allein über das Internet (noch) nicht zu erreichen. Im Vergleich zum physischen öffentlichen Raum ist der virtuelle Raum bislang für konkrete Appellzwecke weniger vorteilhaft ausgestaltet.

Für Demonstrationen mit spezifischer öffentlicher Appellfunktion, die oft Minderheitsmeinungen enthalten, bedeutet dies, dass sie weiterhin in einem erheblichen Masse auf den physischen öffentlichen Grund angewiesen sind. Rein digitale Demonstrationen und Kundgebungen erreichen noch nicht dieselbe Öffentlichkeit wie physische Demonstrationen. Es liegt am Gesetzgeber, der Rechtsprechung und der Lehre, die Gegebenheiten anzupassen und die Voraussetzungen zu schaffen, um digitalen Versammlungen, parallel zur voranschreitenden Digitalisierung, Vorschub zu leisten.

3.4. Verschiebung der Kommunikationsformen als Aspekt der Interessensabwägung bei der Verhältnismässigkeitsprüfung

Rein internetbasierte Kommunikation und die damit verbundenen Leistungs- und Gewährleistungspflichten sowie virtuelle Versammlungen vermögen also die öffentliche Appellwirkung physischer Präsenz auf öffentlichem Grund nicht vollständig zu substituieren. Nicht ausgeschlossen – und im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen sogar eher zu bejahen – ist jedoch, dass diese neuen digitalen Kommunikationsmethoden einen erheblichen und nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Einschränkungspraxis und die Verhältnismässigkeitsprüfung einer Vielzahl von Grundrechten haben werden, insbesondere auf die Zulässigkeit von Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit bei Kundgebungen.

In Zukunft werden digitale Kommunikationsmittel im Vergleich zur physischen zwischenmenschlichen Kommunikation noch weiter an Bedeutung gewinnen. In diesem Sinne könnten digitale Angebote dazu führen, weitergehende Einschränkungen dieser Grundrechte im physischen Raum aufzuwiegen und zu rechtfertigen. Zu denken wäre hier etwa an eine durch staatliche Behörden oder konzessionierte Akteure betriebene öffentliche Plattform (bspw. die SRG), die auf verschiedenen sozialen Medien und in verschiedenen Netzwerken spezifisch Inhalte und Mitteilungen von Kundgebungen platziert und aktiv verbreitet, um die öffentliche Appellwirkung zu verstärken und Teilöffentlichkeiten entgegenzuwirken.80 Weiter könnten virtuelle Foren und Live-Streams die sehr eingeschränkten Demonstrationen unterstützen.81

Diese Möglichkeiten sind im Einzelfall zu beurteilen und einer umfassenden Verhältnismässigkeitsprüfung zu unterziehen, in welcher die Prüffragen der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit eine zentrale Stellung einnehmen. Bei der Prüfung sind sowohl die physischen Verhältnisse, namentlich die epidemiologische Lage, die Verfügbarkeit des öffentlichen Grundes, andere Nutzungsinteressen und das Gefährdungspotenzial durch gewaltbereite Dritte, als auch virtuelle Aspekte wie die flächendeckende digitale Erreichbarkeit der Bevölkerung, speziell von andersdenkenden und indifferenten Bevölkerungskreisen, Netzneutralität82 und durch Algorithmen (sog. Social Bots83) generierte Kommentare und Meldungen zu beachten. Das Potenzial des Internets, diese Verhältnismässigkeitsprüfung nachhaltig zu verändern, ist erkennbar vorhanden.

Den Chancen einer erhöhten Appellwirkung durch virtuelle Kommunikation steht aber zugleich die Gefahr gegenüber, die Schutzgehalte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit auszuhöhlen. Zu denken ist hier etwa an mögliche Verbote von Kundgebungen mit einer gewissen medialen Resonanz, mit der Begründung, die spezifische Appellwirkung könne bereits über die sozialen Medien erreicht werden. Totalitäre und/oder repressive Regime nehmen bereits jetzt die Covid-19-Pandemie zum Anlass, Demonstrationen weitgehend zu unterdrücken und so Widerstand der Bevölkerung gegen ihre Machtposition im Keim zu ersticken. Die Verfügbarkeit neuer, digitaler Kommunikationsmittel darf nicht dazu führen, solcher Unterdrückung weiter Vorschub zu leisten. Sie sollten vielmehr dazu dienen, eine erhöhte physische und auch digitale Resonanz zu schaffen, um das Aufmerksamkeits- und Durchsetzungspotenzial von Demonstrationen zu verwirklichen. Hier stellen sich also erhöhte Anforderungen an eine sehr feinfühlige, sensitive und faktenbasierte Interessensabwägung.

4. Fazit

Grundrechtlich geschützte physische Demonstrationen leben von der spezifischen Appellfunktion und der Möglichkeit, einen gewissen (oft politischen) ideellen Inhalt öffentlich äussern zu können. Die Ausübung dieser Appellfunktion bedarf regelmässig des öffentlichen Grundes, da auf diesem Weg indifferente und andersdenkende Teile der Bevölkerung optimal erreicht und im Besonderen Minderheitsmeinungen in Bezug auf die politisch-demokratische Zielsetzung öffentlich kundgetan werden können.

Aufgrund der aufgezählten und noch ungelösten Schwierigkeiten im digitalen Raum zeigt sich, dass neue (sowohl private wie auch öffentliche) digitale Kommunikationsmittel, insbesondere digitale Foren und Live-Streams, trotz schnell voranschreitender Entwicklung gegenwärtig noch keine vollkommene Substitution physischer durch virtuelle Kundgaben ermöglichen. Ebenfalls kann ein mehrheitlich digitaler Appell die öffentliche Appellfunktion von Demonstrationen mittels tatsächlicher physischer Präsenz nicht vollkommen ersetzen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass digitale Kommunikationsmethoden nicht von Grundrechten erfasst werden und die Entwicklungen im virtuellen Bereich keinen Einfluss auf den grundrechtlichen Schutzgehalt haben können. So unterliegen speziell die Kommunikationsgrundrechte einem stetigen Wandel und es ist im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung eine umfassende Interessensabwägung vorzunehmen. Der Gesetzgeber ist hier verpflichtet, sich mit den Entwicklungen der Kommunikationsübermittlung zu befassen und sich mit den Auswirkungen auf die Grundrechte auseinanderzusetzen.84

BLaw Matthias Appenzeller schliesst gegenwärtig sein Masterstudium an der Universität Zürich ab und ist Mitarbeiter am Lehrstuhl für Staats-, Verwaltungs- und Sozialversicherungsrecht an der Rechtwissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich.

Der vorliegende Beitrag basiert auf der Masterarbeit des Autors («Appell ohne Präsenz, Wie funktioniert «Demonstrieren» in Pandemiezeiten und welche Rolle spielen dabei digitale Kommunikationsmittel?»), die bei Weblaw in der Reihe «Magister» integral publiziert worden ist.

  1. 1Christoph Beat Graber, Personalisierung im Internet, Autonomie der Politik und Service public, sic! 2017, S. 257 ff., S. 266; vgl. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Amherd 11.3912 vom 29. September 2011, Rechtliche Basis für Social Media (zit. Bericht BR Postulat Amherd), S. 10 f.
  2. 2SRF, «Tagesschau vom 26. Dezember 2020» (https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/jahresrueckblick-2020-teil-2?urn=urn:srf:video:674f7‌2ac-889a- 4354-90bd-1cfbf0de2265, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  3. 3So die weltweiten Proteste der Black Lives Matter-Bewegung, die Demonstrationen von Corona-Skeptikern und -Leugnern und die Demonstrationen in Weissrussland, Russland, Thailand und Burma gegen die Politik und die Präsidentschaft.
  4. 4Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) vom 13. März 2020 (COVID-19-Verordnung 2; SR 818.101.24) in der Fassung vom 17. März 2020.
  5. 5Jörg Paul Müller/Markus Schefer, Grundrechte in der Schweiz, im Rahmen der Bundesverfassung, der EMRK und der UNO-Pakte, 4. Auflage, Bern 2008, S. 588 f.; Eva Maria Belser/Bernhard Waldmann, Grundrechte II, Die einzelnen Grundrechte, Zürich/Basel/Genf 2012, Kap. 5 N 77.
  6. 6Patrice Martin Zumsteg, Demonstrationen in der Stadt Zürich, Diss. Zürich 2019, Zürich/Basel/Genf 2020, S. 12 f.; Simon Thurnheer, Demonstrationsfreiheit in England und der Schweiz, Diss. Zürich 2009, Zürich/Basel/Genf 2010, S. 1; Giovanni Biaggini, BV Kommentar, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Auflage, Zürich 2017 (zit. Biaggini, OFK BV), Art. 22 N 5; Regina Kiener/Walter Kälin/Judith Wyttenbach, Grundrechte, 3. Auflage, Bern 2018, § 22 N 4; vgl. Venice Commission, OSCE/ODIHR – Venice Commission Guidelines on Freedom of peaceful Assembly, 3. Auflage, Strasburg/Warschau 2019 (zit. VC, Guidelines), N 42.
  7. 7Maya Hertig Randall, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, Basel 2015 (zit. BSK BV-Verfasser), Art. 22 N 7; BGE 100 Ia 392 E. 4c; Müller/Schefer (Fn. 5), S. 571.
  8. 8Thurnheer (Fn. 6), S. 1; Giorgio Manfrini, in: Daniel Thürer/Jean-François Aubert/Jörg Paul Müller, Verfassungsrecht der Schweiz, Zürich/Basel/Genf 2001 (zit. Verfassungsrecht der Schweiz, 2001-Verfasser), § 46 N 8; vgl. EGMR, Ezelin gegen Frankreich, Urteil vom 26. April 1991, Nr. 11800/85, DR 202-A, § 37 f.
  9. 9Auf kantonaler Ebene kennen u.a. Freiburg gemäss Art. 24 Abs. 1 Verfassung des Kantons Freiburg vom 16. Mai 2004 (KV/FR; SR 131.219) und Basel-Stadt gemäss § 11 Abs. 1 lit. m Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 23. März 2005 ( KV/BS; SR 131.222.1) eine ausdrückliche Kundgebungs- oder Demonstrationsfreiheit. Kantonalen Grundrechtsgarantien kommt heute jedoch nur insoweit eine Bedeutung zu, als sie über den Schutz der Bundesverfassung hinausgehen, BGE 96 I 219 E. 4.
  10. 10BSK BV-Hertig Randall (Fn. 7), Art. 22 N 7.
  11. 11BGE 127 I 164 E. 3a; BGE 107 Ia 226 E. 4b/bb; BGE 100 Ia 392 E. 4c.
  12. 12Christoph Errass, in: Bernhard Ehrenzeller/Benjamin Schindler/Rainer J. Schweizer/Klaus A. Vallender (Hrsg.), Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen 2014 (zit. SG Komm. BV-Verfasser), Art. 22 N 15. Die Demonstrationsfreiheit wird auch als normtextlich unbenannt, aber als teilweise verselbstständigt qualifiziert, Axel Tschentscher/Andreas Lienhard/Franziska Sprecher, Öffentliches Recht, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, öffentliches Verfahrensrecht, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2019, N 112.
  13. 13Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101).
  14. 14Biaggini, OFK BV (Fn. 6), Art. 22 N 6; Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 22 N 2; Ulrich Häfelin/Walter Haller/Helen Keller/Daniela Thurnherr, Schweizerisches Bundestaatsrecht, 10. Auflage, Zürich 2020, N 469 ff.; a.M. Peter Uebersax, La liberté de manifestation, RDAF 1/2006, S. 25 ff., S. 28.
  15. 15Gl. M. Tschentscher/Lienhard/Sprecher (Fn. 12), N 112 und 293; vgl. VC, Guidelines (Fn. 6), N 4.
  16. 16Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr (Fn. 14), N 469.
  17. 17Maya Hertig Randall, Freedom of Expression in the Internet, SRIEL 2016, S. 235 ff., S. 239 f.; Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 18 N 6.
  18. 18BSK BV-Hertig Randall (Fn. 7), Art. 16 N 4; vgl. Tschentscher/Lienhard/Sprecher (Fn. 12), N 278. Speziell in der Form von öffentlichen Protesten fungieren Demonstrationen als unmittelbare Kontrolle demokratischer Staatsgewalt, als Frühwarnsystem zur Erkennung von gesellschaftlichem Potenzial an Unzufriedenheit und als Indikator und Katalysator für einen beginnenden Wertewandel, SG Komm. BV-Errass (Fn. 12), Art. 22 N 5 f.; Thurnheer (Fn. 6), S. 11.
  19. 19Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr (Fn. 14), N 447 f.; SG Komm. BV-Kley/Tophinke (Fn. 6), Art. 16 N 2 f.; Giorgio Malinverni, La liberté de réunion: étude de droit constitutionnel suisse, Genf 1981, S. 15; BSK BV-Hertig Randall (Fn. 7), Art. 22 N 1.
  20. 20BGE 127 I 164 E. 3b.
  21. 21Zumsteg (Fn. 6), N 219; Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 22 N 6.
  22. 22BGE 117 Ia 472 E. 3c. Bei Demonstrationen kommt wegen der öffentlichen Appellfunktion meistens nur der öffentliche Grund als wirksame Projektionsfläche in Frage.
  23. 23Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 22 N 11; René Rhinow/Markus Schefer/Peter Uebersax, Schweizerisches Verfassungsrecht, 3. Auflage, Basel 2016, N 1694.
  24. 24Vgl. SRF.ch, 1. Mai 2020, «Menschen feiern den 1. Mai virtuell» (https://www.srf.ch/news/schweiz/wegen-coronakrise-menschen-feiern-den-1-mai-virtuell, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  25. 25BSK BV-Hertig Randall (Fn. 7), Art. 22 N 6.
  26. 26PULS (Bayrischer Rundfunk) vom 30. April 2020, Katharina Geschier, «Wie geht Demonstrieren in der Corona-Krise?» (https://www.br.de/‌puls/themen/welt/versammlungsfreiheit-demonstrieren-in-der-corona-krise-100.html, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  27. 27Belser/Waldmann (Fn. 5), Kap. 5 N 76; United Nations, General Assembly, Human Rights Council, Joint Report of the Special Rapporteur on the rights to freedom of peaceful assembly and association and the Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions on the proper management of assemblies, 4. Februar 2016, A/HRC/31/66, N 10; vgl. Tagesanzeiger vom 19. Januar 2021, Rafael Zeier, «Was Clubhouse der Konkurrenz voraus hat» (https://www.tagesanzeiger.ch/was-clubhouse-der-konkurrenz-voraushat-216077981409, zuletzt besucht am 13. April 2021); vgl. SRF.ch, 25. März 2021, Aline Spescha, «#NoLiestal: Tausende protestieren online gegen Corona-Demos» (https://www.srf.ch/news‌/schweiz/reaktion-auf-liestal-demo-noliestal-tausende-protestieren-online-gegen-corona-demos, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  28. 28Verfassungsrecht der Schweiz, 2001-Manfrini (Fn. 8), § 46 N 9; BSK BV-Hertig Randall (Fn. 7), Art. 22 N 6; Belser/Waldmann (Fn. 5), Kap. 5 N 76; Tschentscher/Lienhard/Sprecher (Fn. 12), N 292.
  29. 29SG Komm. BV-Errass (Fn. 12), Art. 22 N 16.
  30. 30Biaggini, OFK BV (Fn. 6), Art. 22 N 8.
  31. 31In diesem Sinne auch Verfassungsrecht der Schweiz, 2001-Manfrini (Fn. 8), § 46 N 9; vgl. Fiete Kalscheuer, Kommt jetzt die virtuelle Versammlungsfreiheit?, beck-community, 28. April 2020 (https://community.beck.de/2020/04/28/kommt-jetzt-die-virtuelle-versammlungsfreiheit, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  32. 32Martin Philipp Wyss, Appell und Abschreckung, Verfassungsrechtliche Beobachtungen zur Versammlungsfreiheit, ZBL 103/2002, S. 393 ff., S. 395 f.; BSK BV-Hertig Randall (Fn. 7), Art. 22 N 7; Zumsteg (Fn. 6), N 237; Thurnheer (Fn. 6), S. 185; SG Komm. BV-Errass (Fn. 12), Art. 22 N 15.
  33. 33Jürg Bosshart, Demonstrationen auf öffentlichem Grund, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Aspekte und Probleme der Demonstrationsfreiheit, Diss. Zürich 1973, S. 22; Andreas Auer/Giorgio Malinverni/Michel Hottelier, Droit constitutionnel suisse, Volume II, Les droits fondamentaux, 3. Auflage, Bern 2013, N 688; vgl. VC, Guidelines (Fn. 6), N 82.
  34. 34Zum öffentlichen Grund werden nicht nur öffentliche Strassen, Plätze, Brücken und Gewässer gezählt, sondern auch öffentliche Gebäude wie Turnhallen oder Gemeindesäle, Zumsteg (Fn. 6), N 70 f.; Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 18 N 30; Peter Karlen, Schweizerisches Verwaltungsrecht, Gesamtdarstellung unter Einbezug des europäischen Kontextes, Zürich/Basel/Genf 2018, S. 361.
  35. 35SG Komm. BV-Errass (Fn. 12), Art. 22 N 34; Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 9 N 93; vgl. VC, Guidelines (Fn. 6), N 22.
  36. 36BGE 100 Ia 392 E. 4c.
  37. 37BSK BV-Hertig Randall (Fn. 7), Art. 22 N 1.
  38. 38Im Hinblick auf eine mögliche Unterstellung unter eine Bewilligungspflicht, wird eine graduelle Unterscheidung des Gebrauchs von öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch vorgenommen, Thurnheer (Fn. 6), S. 175.
  39. 39Statt vieler BGE 138 I 274 E. 2.2.2; vgl. Biaggini, OFK BV (Fn. 6), Art. 22 N 6 und SG Komm. BV-Errass (Fn. 12), Art. 22 N 34; Rhinow/Schefer/Uebersax (Fn. 23), N 1565 ff.; a.M. Daniel Moeckli, Politische Werbung auf öffentlichem Grund, recht 2013, S. 263 ff., S. 267.
  40. 40Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Auflage, Zürich/St. Gallen 2020, N 2274; vgl. BGE 135 I 302 E. 3.2.
  41. 41BGE 127 I 164 E. 5b/bb; Thurnheer (Fn. 6), S. 162; vgl. Ulrich Zimmerli, in: Detlef Merten/Hans-Jürgen Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Band VII/2, Grundrechte in der Schweiz und in Liechtenstein, Heidelberg 2007 (zit. Handbuch der Grundrechte-Verfasser), § 219 N 23.
  42. 42Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 14.3298 der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) vom 17. Juni 2016, Überprüfung der Definition und der Leistungen des Service public der SRG unter Berücksichtigung der privaten elektronischen Medien vom 17. Juni 2016 (zit. Bericht BR Postulat KVF-S), S. 82 f.
  43. 43Bericht BR Postulat KVF-S (Fn. 42), S. 77.
  44. 44BAKOM, Netzneutralität, Bericht zur Arbeitsgruppe, Bern 23. Oktober 2014 (zit. Bericht Netzneutralität), S. 10; Patricia Egli/David Rechsteiner, Social Bots und Meinungsbildung in der Demokratie, AJP 2017, S. 249 ff., S. 249; vgl. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr (Fn. 14), N 459.
  45. 45Vgl. Spescha (Fn. 27); Geschier (Fn. 26).
  46. 46SRF.ch, 16. Februar 2021, Philipp Scholkmann, «Studentenproteste: Präsident Erdogan verliert die Jungen» (https://www.srf.ch/news/‌international/tuerkei-studentenproteste-praesident-erdogan-verliert-die-jungen, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  47. 47Egli/Rechsteiner (Fn. 44), S. 249; Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 18 N 58; Walter Haller/Alfred Kölz/Thomas Gächter, Allgemeines Staatsrecht, 6. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2020, N 1298.
  48. 48Egli/Rechsteiner (Fn. 44), S. 249.
  49. 49Hertig Randall (Fn. 17), S. 235 ff.; Antonia Hartmann, in: Dal Molin-Kränzlin Alexandra/Schneuwly Anne Mirjam/Stojanovic Jasna (Hrsg.), Digitalisierung – Gesellschaft – Recht, Analysen und Perspektiven von Assistierenden des Rechtswissenschaftlichen Instituts der Universität Zürich, Zürich/St. Gallen 2019 (zit. Digitalisierung – Gesellschaft – Recht-Verfasser), S. 87 ff.
  50. 50Aktuellstes Beispiel: Webapplikation Clubhouse, vgl. SRF.ch, 22. Januar 2021, Annick Wangler, «Hype um «Clubhouse»-App - Willkommen im digitalen Country Club» (https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/hype-um-club‌house-app-willkommen-im-digitalen-country-club, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  51. 51Martin Dumermuth, Die Zuständigkeit des Bundes im Bereich der elektronischen Medien nach Art. 93 BV, ZBl 117/2016, S. 335 ff., S. 336.
  52. 52Regina Kiener, in: Oliver Diggelmann/Maya Hertig Randall/Benjamin Schindler, Verfassungsrecht der Schweiz, Zürich/Basel/Genf 2020 (zit. Verfassungsrecht der Schweiz, 2020-Verfasser), Kap. V.6 N 1 f; Rhinow/Schefer/Uebersax (Fn. 23), N 1186 ff.
  53. 53Belser/Waldmann (Fn. 6), Kap. 5 N 10.
  54. 54BSK BV-Waldmann (Fn. 7), Art. 35 N 39. vgl. Walter Kälin/Jörg Künzli, Universeller Menschenrechtsschutz, Der Schutz des Individuums auf globaler und regionaler Ebene, 4. Auflage, Basel 2019, Kap. 3 N 3.118.
  55. 55Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 4 N 47.
  56. 56Botschaft des Bundesrates vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung (BBl 1997 I 1 ff.), S. 192; Jörg Paul Müller, Elemente einer schweizerischen Grundrechtstheorie, Bern 1982, S. 8 f.; vgl. BSK BV-Waldmann (Fn. 7), Art. 35 N 14.
  57. 57Rhinow/Schefer/Uebersax (Fn. 23), N 1137 f.; BSK BV-Waldmann (Fn. 7), Art. 35 N 15; Müller (Fn. 56), S. 11.
  58. 58Pierre Tschannen, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 4. Auflage, Bern 2016, § 7 N 21.
  59. 59Tschannen (Fn. 58), § 7 N 33; BSK BV-Waldmann (Fn. 7), Art. 35 N 15.
  60. 60Vgl. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr (Fn. 14), N 272 ff.
  61. 61Vgl. Hertig Randall (Fn. 17), S. 235 ff.
  62. 62Verfassungsrecht der Schweiz, 2020-Schefer (Fn. 52), Kap. V.11 N 34.
  63. 63Hertig Randall (Fn. 17), S. 253.
  64. 64Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 24. März 2006 (SR 784.40).
  65. 65Botschaft des Bundesrates vom 29. April 2020 zum Massnahmenpaket zugunsten der Medien (BBl 2020 4485), S. 4486 f.
  66. 66Wolfgang Hoffmann-Riem, Selbstregelung, Selbstregulierung und regulierte Selbstregulierung im digitalen Kontext, in: Michael Fehling/Utz Schliesky (Hrsg.), Neue Macht- und Verantwortungsstrukturen in der digitalen Welt, Baden-Baden 2016, S. 33 ff., S. 34; Hertig Randall (Fn. 17), S. 239 f.; Egli/Rechsteiner (Fn. 44), S. 249; Rolf H. Weber, Automatisierte Entscheidungen: Perspektive Grundrechte, SZW 2020, S. 18 ff., S. 18.
  67. 67U.S. Supreme Court, Brown gegen die Entertainment Merchants Association, 564 U.S. 08-1448 (2011), S. 2.
  68. 68Brigitte Tanner, Kommentar zum schweizerischen Zivilrecht, Mängel in der Organisation, Art. 698-726 und 731b OR, 3. Auflage, Zürich 2018, Art. 698 OR N 74 ff.
  69. 69EGMR, Chumak gegen die Ukraine, Urteil vom 6. März 2018, Nr. 44529/09, § 36.
  70. 70Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 18 N 29.
  71. 71Vgl. oben Ziff. 3.1.
  72. 72Handbuch der Grundrechte-Müller (Fn. 41), § 204 N 23.
  73. 73Vgl. Handbuch der Grundrechte-Zimmerli (Fn. 41), § 219 N 29.
  74. 74Hier müsste die Frage geklärt werden, inwieweit eine bundesrechtliche Kompetenz basierend auf Art. 93 Abs. 1 BV zur Gesetzgebung im Bereich der Online-Medien und sozialen Netzwerke besteht. Eine weite Auslegung der Bundeszuständigkeit bejahend, Dumermuth (Fn. 51), S. 335 ff.; Biaggini OFK (Fn. 6), Art. 93 N 5. Anderer Meinung ist Urs Saxer, Die Onlinezuständigkeit des Bundes, Eine medienrechtliche Betrachtung, AJP 2017, S. 334 ff.
  75. 75Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 6), § 4 N 14 f.
  76. 76BBl 2020 4485 (Fn. 65), S. 4486 f.
  77. 77Zu den noch ungelösten Problemen der digitalen Appellwirkung und dem Gefahrenpotenzial des Internets, siehe Ziff. 3.2.
  78. 78Hertig Randall (Fn. 17), S. 247 f.; Jack M. Balkin, Old-School/New-School Speech Regulation, Governments develop new techniques for controlling and surveilling speech, Harvard Law Review 127/2014, S. 2296 ff., S. 2305.
  79. 79Graber (Fn. 1), S. 257; Egli/Rechsteiner (Fn. 44), S. 250; vgl. Bericht BR Postulat Amherd (Fn. 1), S. 13.
  80. 80Die SRG strebt in ihrer aktuellen Unternehmensstrategie, durch neue Formate und Distributionsformen, ein vermehrt digitales Angebot an, SRG, Unternehmens- und Angebotsstrategie 2021–2022 vom 25. Juni 2020 (https://www.srgssr.ch/‌de/wer-wir-sind/leitbild-und-strategie/strategie, zuletzt besucht am 13. April 2021).
  81. 81Scholkmann (Fn. 46).
  82. 82Netzneutralität bedeutet, dass jeder Datenverkehr im Internet gleichbehandelt wird und jeder die gleichen Kommunikationsgrundrechte erhält. Insbesondere müssen sich Internetzugangsanbieter gegenüber Internetinhalten und -diensten neutral verhalten, damit die Chancengleichheit bezüglich der technischen Erreichbarkeit des Publikums gewahrt werden kann, Matthias Amgwerd/Simon Schlauri, Telekommunikation, in: Giovanni Biaggini/Isabelle Häner/Urs Saxer/Markus Schott (Hrsg.), Fachhandbuch Verwaltungsrecht, Expertenwissen für die Praxis, Zürich/Basel/Genf 2015, N 6.216; Bericht Netzneutralität (Fn. 44), S. 11; Verfassungsrecht der Schweiz, 2020-Schefer (Fn. 52), Kap. V.11 N 38; vgl. Digitalisierung – Gesellschaft – Recht-Boxler/Bhalla, S. 104 f.
  83. 83Als Social Bots werden (semi)automatische Computerprogramme definiert, die sich in sozialen Netzwerken, Blogs und Foren als Menschen ausgeben und/oder menschliches Verhalten imitieren. In neuerer Zeit werden Social Bots gezielt eingesetzt, um Verschwörungstheorien oder irreführende Nachrichten zu verbreiten, die freie Meinungsbildung der Gesellschaft zu manipulieren und demokratische Prozesse zu beeinflussen, Egli/Rechsteiner (Fn. 44), S. 250; Isabelle Wildhaber/Melinda F. Lohmann, Roboterrecht – eine Einleitung, AJP 2017, S. 135 ff., S. 135 f.; vgl. Bericht BR Postulat Amherd (Fn. 1), S. 13; Alessandro Bessi/Emilio Ferrara, Social Bots Distort the 2016 U.S. Presidential Election, Online Discussion, First Monday 21/2016, S. 10 f.
  84. 84Vgl. Republik.ch, 27. März 2021, Daniel Binswanger, «#NoNonsense bitte!, Neue, digitale Formen des zivil­gesellschaftlichen Aktivismus entstehen. Das ist eine gute Nachricht – die aber auch auf erbitterte Ablehnung stösst» (https://www.republik.ch/2021/03/27/nononsense-bitte, zuletzt besucht am 13. April 2021).

Un commentaire

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    Auch kleine Demonstrationen haben Appellwirkung

    Matthias Appenzeller untersuchte im Rahmen seiner Masterarbeit in verdienstvoller Weise die Aktuelle Fragestellung, inwiefern die Möglichkeiten des Protests im Internet einen Einfluss auf die Bedeutung des Demonstrationsrechts haben. Ich teile seine Auffassung, dass die Entwicklungen bei den Möglichkeiten (und Grenzen) des Protests im Internet einen Einfluss auf das Demonstrationsrecht haben kann und deshalb von den zuständigen Behörden beobachtet und allenfalls berücksichtigt werden muss. Ich bin zudem in meinem Beitrag «Die Einschränkung von Demonstrationen vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse» im Jusletter Coronavirus-Blog (siehe dort Ziff. 3.3) ebenfalls zur Auffassung gelangt, dass Demonstrationen auf öffentlichen Grund ungeachtet der Entwicklungen beim Protest im Internet weiterhin unverzichtbar sind. Nach meiner Auffassung geht es dabei gerade um die hier erwähnte Appellwirkung von Demonstrationen. Und eine solche Appellwirkung kann auch mit relativ wenig Personen an einer Demonstration erreicht werden – wesentlich ist, dass man die Aufmerksamkeit der Medien für sich gewinnt. Welche Grösse für das Teilnehmerfeld einer Demonstration bewilligt werden kann, hängt m.E. von der aktuellen epidemiologischen Lage, von der Art der Demonstration (Sitzstreik, Platzdemonstration, Umzug) und vom allfälligen freiwilligen Schutzkonzept ab. Fixe gesetzliche Beschränkungen der Teilnehmerzahl sind eher ungeeignet. Auf den Minimalstandard der Maskenpflicht darf nicht verzichtet werden – Masken schränken das Recht auf Meinungsäusserung der Teilnehmenden nicht ein.

    avatarDaniel Kettiger18 avr. 2021 16:09:24Antworten

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